: Die Allee des Leidens
■ Der Drehbuchautor David Mamet führte erstmals Regie
Heute findet der Tanz ums goldene Kalb in Hollywood statt. Die erste und letzte Regel hier lautet: Wir lassen uns als Ware behandeln, in der Hoffnung eines Tages als eine teurere Ware betrachtet zu werden. Wir akzeptieren die Härte, die Unhöflichkeiten und die unvermeidbare Rohheit einer Welt, in der keine Freundschaft existiert, und damit unterstützen wir dieses Verhalten. Wir machen das alle: der eine aus Resignation, der andere in der Hoffnung, daraus früher oder später Profit zu schlagen. Aber keinem von uns gefällt das. Wenn wir endlich damit aufhören, ist der größte Teil unserer kreativen Fähigkeiten vielleicht abgestorben. Ich sage das aus Erfahrung. Darum bin ich bei meinem ersten Film als Regisseur folgendem Rezept gefolgt: Ich habe alles ein wenig familiär gemacht, d.h. ich habe das Team auch danach ausgesucht, ob ich schon mit ihnen gearbeitet hatte. Diese Leute mußten sich dann auch nicht vor sich selbst oder vor mir beweisen, sondern, was viel wichtiger ist, ich mußte mich vor ihnen beweisen. So wurde die Energie, die nötig ist, um zwischen den Leuten eine gute Beziehung herzustellen - das ist für eine künstlerische Arbeit unbedingt erforderlich -, gleich für konkretere Ziele verwendet. Anfangs hatte ich die Angewohnheit, die Aufnahmen mit zehn oder dreißig Leuten vom Cast und aus dem Team zu machen. Wenn ich sechs Aufnahmen im Kasten hatte, konnte ich mich nicht mehr an die erste erinnern. Wenn ich die sechste fertig hatte, sollten mir die Anderen durch Handheben sagen, welche ihnen am besten gefiel. Jedesmal, wenn ich sie fragte, fiel mir auf, wie gespannt und nervös die Stimmung war. Ich wurde mir klar darüber, daß ich der Regisseur bin, und daß all das gar nicht vergnüglich war. Das Team war überladen mit Arbeit, und ich konnte nicht auch noch von ihnen verlangen, daß sie mir bei meiner halfen.
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