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Die AKP und die türkische LinkeUngleiches Bündnis am Ende

Lange Zeit genoss die islamisch-konservative AKP das Wohlwollen von Linken und Linksliberalen. Doch allmählich verliert sie diese Sympathien.

Da waren die Sympathien im linken Lager noch größer: AKP-Anhänger nach der Wahl 2007 Bild: dpa

Nur wenige Kilometer trennen Taksim, das urbane Zentrum Istanbuls, von Kasimpasa, einem Kleine-Leute-Viertel am Goldenen Horn, aus dem Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan stammt. Beide Viertel gehören zum Bezirk Beyoglu, doch während sich in der Gegend um den Taksim-Platz Boutiquen und Bars, Kinos und Verlage tummeln und die Rakitafeln selbst in der Fastenzeit gut gefüllt sind, bieten die vielen kleinen Läden von Kasimpasa erschwingliche Dinge des täglichen Bedarfs. Nach Alkohol muss man hier lange suchen, umso zahlreicher sind die verhüllten Frauen.

So manche in Taksim haben von Anfang an befürchtet, die AKP wolle die Türkei zu einem neuen Iran machen, und gehofft, dass notfalls das Militär diesen Albtraum verhindern werde. Doch zugleich fanden sich in diesem eher linken und linksliberalen Milieu viele, die der AKP lange Zeit Wohlwollen entgegenbrachten.

Gewiss mochten nur die wenigsten Erdogan und seiner Partei abnehmen, dass sie sich aus innerer Überzeugung der Demokratisierung des Staates wie des politischen Islams verschrieben hatten. Dennoch hoffte man, die AKP werde eher die Anforderungen der Europäischen Union erfüllen. Bei Belangen der Minderheiten schien sie zu mehr Zugeständnissen bereit als das nationalistische Establishment. Außerdem kannten viele AKP-Politiker die türkischen Knäste von innen, sodass man hoffen konnte, sie würden Meinungen anderer eher respektieren. Selbst Feministinnen zeigten Sympathien für die AKP, weil ihnen das Kopftuchverbot als ebenso patriarchales Gräuel galt wie der Kopftuchzwang.

Kurz vor den Parlamentswahlen im Sommer vorigen Jahres schrieb Etyen Mahcupyan, Nachfolger Hrant Dinks, des ermordeten Chefredakteurs der armenischtürkischen Wochenzeitung Agos: "Die ,geheime Agenda' der AKP deutet nicht auf mehr Islamisierung, sondern auf mehr Demokratie." Und der Autor und Professor der privaten Bilgi-Universität Murat Belge meinte: "Unter den bestehenden Parteien sehe ich keine, die der zivilen Demokratie näher stünde als die AKP."

Seither aber sind die Sympathien, die die AKP in diesen nicht allzu viele Köpfe zählenden, in der öffentlichen Debatte aber nicht unerheblichen Kreisen genoss, deutlich gesunken. Sogar einen Stichtag gibt es, an dem sich dieser Stimmungswandel festmachen lässt: den 1. Mai 2008, als auf Geheiß des AKP-nahen Gouverneurs von Istanbul die Polizei mit der altbekannten Brutalität die Demonstranten vom Taksim-Platz fernhielt. "Am 1. Mai hat die AKP offenbart, wie sie auf das Verbotsverfahren zu reagieren gedenkt", schrieb der Kolumnist Yildirim Türker in der Radikal. Die AKP wolle dem Establishment beweisen, dass sie genauso gut zuschlagen könne.

Bald nach ihrem überwältigenden Wahlsieg hatte die AKP begonnen, immer selbstbewusster ihre ureigenen Interessen zu verfolgen - sei es in Sachen Kaderbildung im Staatsapparat, sei es in der Kopftuchfrage. Auch die Verfassungsänderung für die Aufhebung des Kopftuchverbots an Universitäten, das man im Februar mit den Stimmen der rechtsextremen MHP beschloss, war nicht in ein Programm für die Autonomie der Wissenschaft eingebettet.

Entsprechend verhalten reagieren nun viele Oppositionelle: "Die AKP hat den großen Fehler begangen, keinen gesellschaftlichen Konsens für eine tiefgreifende Verfassungsänderung zu suchen", sagte der unabhängige linke Abgeordnete Ufuk Uras. Deutlicher wurde der Publizist Ahmet Altan. Dieses Urteil raube dem Parlament, allen Wahlen und Parteien jede Bedeutung, kritisierte er. In einer Replik auf den islamischen Intellektuellen Fehmi Koru hatte er zuvor allerdings geschrieben: "Unsere Gemeinsamkeiten reichen nur so weit, wie Sie die Freiheitsrechte ausbauen, und enden dort, wo Sie sich von bestimmten Freiheiten abwenden." Nach Beispielen dafür aber muss man nicht lange suchen: Ende Mai verfügte ein Istanbuler Gericht die Auflösung der schwul-lesbischen Gruppe Lambda. Die Begründung des Gouverneurs, der das Verfahren angestrengt hatte: Lambda verstoße gegen verschiedene Gesetze und gegen die Moral.

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