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■ Die 15. Weltmeisterschaft der GoldwäscherinnenGottes Schatzkammer

Gottes Schatzkammer

Wanlockhead (taz) — Drei Tage lang war das schottische Hochlanddorf Wanlockhead vom Goldrausch erfaßt. Rund 300 GoldwäscherInnen aus der ganzen Welt trafen hier zusammen, um ihre 15.Weltmeisterschaft auszutragen. Der Weltverband der GoldwäscherInnen mit Sitz in Finnland veranstaltet diese Meisterschaft jedes Jahr in einem anderen Land.

Von Freitag bis Sonntag glich das sonst so ruhige 180-Seelen-Dorf am höchsten Punkt Schottlands eher dem Schauplatz in einem von Jack Londons Romanen. Abenteuerlich anmutende BesucherInnen mit breitkrempigen, stickerbesetzten Hüten und baumelnden runden Goldpfannen an ihren Rucksäcken prägten das Straßenbild. Vor dem ehemaligen Bleiminendorf säumten etliche Zelt- und Wohnmobillager den Weg zum Flüßchen Mennock, wo stets einige GoldwäscherInnen geduldig ihre runden Pfannen im Wasser kreisen ließen — und das nicht selten mit Erfolg. Immer noch birgt diese Gegend, die einst „Gottes Schatzkammer“ genannt wurde, kleine Goldvorräte in sich.

Die eigentliche Entscheidung über den Weltmeistertitel fiel allerdings in 30 Holzbottichen im Mittelpunkt einer kleinen Arena. In verschiedenen Kategorien — von Kindern über erwachsene AnfängerInnen und Profis bis zu Veteranen — begaben sich die WettkämpferInnen hier abwechselnd an den Start. In kniehohem Wasser galt es jedesmal, 30 Pfund Kies zu „waschen“, der eine bestimmte Anzahl von Goldnuggets enthielt. In einer vorgegebenen Zeit — zwischen zwölf und 20 Minuten — mußten die GoldwäscherInnen möglichst viele dieser pfeffer- bis salzkornkleinen Teilchen finden. „Zu fünfzig Prozent bestimmt natürlich das Glück, wieviel man findet. Den Rest macht eine ruhige Hand und viel Konzentration aus“, erklärt die Münchnerin Gertraud Veitz. Die Vorsitzende der „Goldwäscher e.V. München“ holte 1987 den Weltmeistertitel der Frauen in Finnland. Diesmal ging sie als 19. aus dem Finale der Profis. „Es ist faszinierend: Am Anfang sieht man nichts als dunklen Kies, und die Spannung steigt mit jeder Bewegung der Pfanne. Dann bleibt immer weniger übrig, und es blinkt plötzlich am Grund. Das ist ein unbeschreiblich tolles Gefühl“, schwärmt Paul Melber. Der Hobby-Goldwäscher aus Nürnberg kam in Wanlockhead auf Platz sechs der Veteranen.

Doch auch hauptberufliche GoldwäscherInnen nahmen am Wettkampf teil. Der 70jährige Finne Yrjö Korhonen beispielsweise verdient sich seit 42 Jahren mit diesem Beruf seinen Lebensunterhalt. „Ich mache das nicht, um reich zu werden, sondern weil es eine wunderbare Art zu leben ist“, erklärt der kleine Mann mit dem weißen Bart und wettergegerbtem Gesicht. „In welchem anderen Beruf wäre ich schon so frei?“

Wie viele andere kam auch er zur Meisterschaft, um in geselliger Atmosphäre viele Gleichgesinnte zu treffen. Mit 60 TeilnehmerInnen stellten die Finnen vor den Tschechen die größte Gruppe der TitelanwärterInnen in Wanlockhead. Zehn Deutsche gingen insgesamt an den Start. Die Weltmeistertitel der Profi- Frauen und -Männer trugen schließlich Ivanne Josso (Frankreich) und Pablo Schwarz (Italien) mit nach Hause. Antje Passenheim

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