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■ Die AnderenDie (...) Reaktionen von EU-Staaten auf die Irak-Krise kommentiert "Le Monde" / "Sydsvenska Dagbladet" kritisiert hingegen die französische Haltung zur Irak-Krise / Die "Abendzeitung" aus München widmet sich dem Dilemma der FD

Die stark abweichenden Reaktionen von EU-Staaten auf die Irak-Krise kommentiert „Le Monde“: Die offenkundigste Dissonanz kommt nicht von Helmut Kohl. Treue zur Nato, fast automatische Delegation der Macht bei Angelegenheiten, die den Nahen Osten betreffen: die mit einer gewissen Diskretion vom Kanzler eingenommene Position – die deutschen Luftwaffenbasen stehen Washington zur Verfügung – ist einfach üblich. Peinlicher für Europa ist die lautstarke Parteinahme von Tony Blair. Vergessend, daß er gegenwärtig die Präsidentschaft in der Union hat, hat er, der sich selbst zum Bewerber für eine künftige europäische Führung erklärt hat, sogar ohne seine Partner zu konsultieren ab der ersten Stunde für die militärische Drohung gegen den Irak Partei ergriffen. Diese Situation erinnert uns daran, daß die gemeinsame Außenpolitik immer noch keine Gestalt angenommen hat, und daß das einzige solide europäische Vorhaben – bei allen Debatten, die es noch immer auslöst – im Augenblick der Euro ist.

Das schwedische Blatt „Sydsvenska Dagbladet“ kritisiert hingegen die französische Haltung zur Irak- Krise: Daß es bei der Irak-Krise nicht nur um Waffeninspektionen geht, ist klar. Frankreich, Rußland und China haben die Gelegenheit genutzt, um ihr Mißfallen über die Rolle der USA in der Weltpolitik auszudrücken. Das liegt auf einer Linie mit den Vereinbarungen zwischen den Präsidenten Frankreichs und Chinas, Jacques Chirac und Jang Zemin, vom Mai letzten Jahres. In einer Erklärung stellten sie fest, daß „beide Partner beschlossen haben, Multipolarität anzustreben und alle Versuch zur Dominierung der Weltpolitik zu bekämpfen“. Es scheint die französische Regierung nicht zu beunruhigen, daß sie selbst dazu beiträgt, die EU in der Irak-Frage zu spalten, und daß ihr Land gemeinsame Sache mit dem totalitären China macht. Die Hauptsache ist offenbar, daß Frankreich sich von den USA abhebt. Solch nationales Geltungsbedürfnis ist das größte Hindernis einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik.

Die „Abendzeitung“ aus München widmet sich dem Dilemma der FDP: Vieles am Zustand der Kohl-Regierung erinnert an 1982, als Helmut Schmidt in den letzten Regierungszügen lag. Auch damals einte das brüchige Bündnis nur noch der Machterhalt. Vor 16 Jahren freilich hatte die FDP noch eine Alternative: Sie konnte zur großen Oppositionspartei überlaufen. Dieser Ausweg ist ihr jetzt versperrt. Die FDP ist auf Gedeih und Verderb der Union ausgeliefert. Das macht ihre Profilierungskapriolen auch so unglaubwürdig. Wider den Stachel zu löcken ist noch keine Politik. Union und FDP werden sich schnell zusammenraufen müssen, sollen sich die schlechten Umfrageergebnisse nicht endgültig verfestigen.

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