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Diderot, die Moral und die Aufklärung

■ Eric-Emmanuel Schmitts philosophische Komödie Der Freigeist im Ernst-Deutsch-Theater

Es ist ja nicht gerade üblich, dass ein Dramatiker, bevor er aus einem Stoff ein Stück herausdestilliert, diesen auch regelrecht studiert hat. Manchmal jedoch ergibt sich das eine einfach aus dem anderen. 1986 erlangte Eric-Emmanuel Schmitt, neben Yasmina Reza der wohl gefragteste französische Stückeschreiber seiner Generation, mit einer Arbeit über Denis Diderot und die Metaphysik die Doktorwürde in Philosophie. Elf Jahre später verwertete der 1960 in Saint-Foy-Les-Lyon Geborene seine buchstäblich intimen Kenntnisse über den aufklärerischen Dichter und Denker in der Komödie Der Freigeist.

Wenn das Ernst-Deutsch-Theater, in jüngster Zeit sehr zurückhaltend mit zeitgenössischer Dramatik, sich nun dieses Stücks annimmt, hat das mit Mut zum Neuen freilich weniger zu tun. Vielmehr ist Der Freigeist ein nahezu klassisch gebautes Lustspiel, das mit Fug und Recht in der Tradition von Molière zu stehen behaupten kann, und das gilt auch für seinen raffinierten Sprachwitz.

Die Geschichte ist die: Diderot sitzt der verruchten Malerin Anna Dorothea Therbouche Porträt. Just als sich die Sache sexuell auszuwachsen verspricht, platzt des Meisters Sekretär mit einer schlechten Nachricht herein: Rousseau hat einen Enzyklopädie-Artikel abgesagt, dabei ist in drei Tagen Drucklegung. Jetzt muss Diderot ihn selber schreiben, und zwar vom Fleck weg, und das Thema ist ausgerechnet die Moral. Noch komplizierter wird die Angelegenheit dadurch, dass am laufenden Band Ereignisse eintreten, die ihn seine Meinung ändern lassen, seien es die seltsamen Anwandlungen seiner Tochter oder das Auftauchen einer jungen Baronesse.

Christian Kohlund übernimmt die Rolle des Diderot. Regie führt seine Schwester Franziska Kohlund. Ihr muss man vor allem eines wünschen: viel Mut zur Ero-tik. Ralf Poerschke

Premiere: Do, 20. Januar, 19.30 Uhr, Ernst-Deutsch-Theater

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