: Dialog nein, Debatte ja
■ betr.: „Falsche Anschläge, Freunde und Opfer“ (Franz Chri stoph), taz vom 19.1.94, „Die Gründung einer Ideenschmiede“, (Klaus-Peter Görlitzer)„Ausgren zung erwünscht“ (Wolfgang Löhr), taz vom 24.1.94, „Die Schwelle ist längst überschritten“ (Oliver Tolmein), taz vom 26.1.94
[...] Kuhse und Singer sind nicht allein. Sie zu ignorieren führt nur bestenfalls zum Totschweigen, derweil die inkriminierten Gedanken und Gefühle wuchern. Das Thema tabuisieren, nein. Aber auch nicht einen Dialog mit den Protagonisten führen, sondern eine Debatte über sie und ihre Thesen.
Singer und Kuhse bemühen das „Recht“, um sich hinter ihm zu verstecken. Aber letztlich ist jegliches geschriebene Recht manmade und unterliegt somit dem Zeitgeist und der Beliebigkeit. Ob Neugeborene oder Behinderte in unseren Breiten und Zeiten ein faktisches Lebensrecht haben, hängt einzig und allein davon ab, ob wir es ihnen zugestehen wollen. Es gibt keinen Maßstab lebenswerten und unlebenswerten Lebens. Denn wer zu messen beginnt, hat die Grenze der Beliebigkeit bereits überschritten. [...]
Interessenabwägung findet statt, und das nicht erst seit den Nazis und erst recht nicht erst seit der „Praktischen Ethik“ von Singer und Kuhse. So bestimmt einseitige Interessenabwägung die Verteilung von Forschungsgeldern: Präimplantationsdiagnostik, Invitro- Fertilisation, Pränatale Diagnostik, Klonen, Hirntoddefinition, Transplantationsgesetz sind Meilensteine des Erfolgs auf der Skala des auch staatlich gewollten technischen Fortschritts. Und damit dieser auch von Laien (d.h. der Bevölkerung) so gesehen (d.h. akzeptiert) wird, wurde nun nach fünfjährigem Vorlauf das Institut für Bioethik gegründet... [...] Anita Idel, Barsbek
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