Deutschlandfest der CSU: Demütiger Guttenberg
Beim Deutschlandfest der CSU spricht Karl-Theodor zu Guttenberg fast nur über Werte und Heimat. Das kommt bei der Basis im Bierzelt gut an und steigert seine Chancen in Berlin.
MÖDLAREUTH taz | Dankbar nahm der Oberfranke Guttenberg ein Handtuch entgegen und rieb sich sein schweißüberströmtes Gesicht trocken. Anschließend gönnte sich der amtierende Bundeswirtschaftsminister einen Schluck aus der ihm bereitgestellten Maß Bier und genoss die Ovationen der Massen.
Laut Angaben des Veranstalters, der CSU, waren mehr als 10.000 Menschen zum Deutschlandfest nach Mödlareuth gekommen. Diese hätten Guttenberg vermutlich lange hochleben lassen – doch nach einer gefühlten Minute machte der Gefeierte eine beschwichtigende Handbewegung; er möchte sich in Demut und Bescheidenheit üben, das ist seine Form der Inszenierung.
Seine Rede dauerte eine knappe Stunde und drehte sich fast ausschließlich um Werte, um Traditionen und natürlich: Heimat. Auch versäumte es Guttenberg nicht, in Anwesenheit von Monika Hohlmeier an deren Vater Franz-Josef Strauß zu gedenken, der am 3. Oktober 1988 gestorben ist: „Er braucht sicher eine große Wolke, die sein Gewicht trägt“, sagte zu Guttenberg und lachte dabei anerkennend. Das kam an, Beifall brandete auf. Auch Angela Merkel lobte er: Sie habe bis wenige Tage vor der Wahl für ihr Land gearbeitet und er, Guttenberg, sei froh, so eine Kanzlerin zu haben.
Ob der aufstrebende Politiker auch noch froh über seinen Parteivorsitzenden, Horst Seehofer, ist, wusste nach seiner Rede niemand. Denn der Name fiel nicht, lediglich im Nachgang, bei einem kurzen TV-Interview betonte Guttenberg, dass Seehofer natürlich die Koalitionsverhandlungen in Berlin führen wird.
Der Adlige Karl-Theodor von und zu Guttenberg übt sich in Zurückhaltung, was seine Rolle in einem schwarz-gelben Kabinett betrifft – obwohl er für viele Ministerposten gehandelt wird. Er habe lediglich sieben Monate ein Amt ausgeübt, da wäre es doch vermessen, sich laut-gröhlend hinzustellen, sagte er gegenüber der taz.
Vielmehr sei es seine Sorge, dass Werte immer mehr verkümmern, darüber werde zu wenig gesprochen. Dies ist sein Thema und das passt zu ihm, auch oder gerade in einem Bierzelt: Er, der Mann aus gutem Hause, der reiche Adlige, referierte geradezu über Begriffe wie „Verantwortung“ oder „Freiheit“, ließ in seiner Rede immer wieder die Worte Bescheidenheit, Demut und Bodenhaftung fallen. Die Menschen klatschten. Außerdem möchte der Minister seiner Heimat dienen und sehe es als seine verdammte Pflicht, weiterhin den Mund aufzumachen: Natürlich erwähnt er in diesem Zusammenhang seine Rolle – ob inszeniert oder nicht – bei Opel.
Guttenberg wirkt ehrgeizig, vermutlich traut er sich fast jedes Amt zu. Er weiß genau, dass sein Weg weiter nach oben führt, dass seine Partei so oder so nicht an ihm vorbeikommt und so tritt er auch auf. Die Basis hat er dabei längst gewonnen. „Der Mann hat Zukunft“, meinte Karl Fläming aus dem Erzgebirge. Elisabeth Krakau aus Hof sieht in Guttenberg einen Charakterkopf, der so ziemlich alles könne. Eine Zusammenfassung der Stimmung lieferte Alexander König, Landtagsabgeordneter der Region „KT ist der Hoffnungsträger der Union der Zukunft.“
Zwar gab der neue Hoffnungsträger "KT" nach seiner Rede einige Autogramme, verpasste allerdings die obligatorische Nationalhymne. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits unterwegs nach Freiburg, um gemeinsam mit seiner Frau „Wetten, dass..?“ zu besuchen. Hier betonte der durchaus technobegeisterte AC/DC-Fan natürlich, dass es sich nun nicht gehöre, Ansprüche zu stellen. Ein Oberfranke tritt eben bodenständig und bescheiden auf.
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