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Archiv-Artikel

Deutschland, ein Flickenteppich: Aussichten aufs Jahr 2020

Wie attraktiv sind deutsche Standorte? Und wie können sie sich entwickeln? Ein Berliner Institut hat einen umfassenden Atlas der Zukunftsfähigkeit deutscher Regionen erstellt

BERLIN taz ■ 30 Millionen Menschen weniger als heute würden – ohne Zuwanderung aus dem Ausland – 2050 in Deutschland leben. Dies hat das Statistische Bundesamt berechnet. Die rein statistische Methode hat jedoch ihre Grenzen. Denn die Zukunft einer Region hängt auch von der Lebensqualität ab. Dorthin, wo es sich gut leben lässt, ziehen die Menschen, und die glücklichen Einwohner bekommen mehr Kinder.

Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat anhand der Attraktivität einer Region bestimmt, wie zukunftsfähig sie ist. In der Studie „Deutschland 2020 – die demografische Lage der Nation“ hat das Institut die 440 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte auf 22 Indikatoren hin untersucht, die nach Meinung der Wissenschaftler ihre Entwicklung bestimmen werden: Wie sieht es dort wirtschaftlich aus? Ist die Region familienfreundlich? Gibt es genügend Ausbildungsplätze?

Jeder Landkreis bekam eine Schulnote für seine Zukunftsfähigkeit (siehe Karte). So soll die „regionale Dimension der demografischen Veränderung“ gezeigt werden. Das Institut erkennt bei dieser qualitativen Herangehensweise sogar eine Beschleunigung des demografischen Wandels und seiner regionalen Ausprägungen in Deutschland. Der Osten verliert noch massiver, heißt das. Unter den 13 Schlusslichtern im Ranking liegen 9 in den östlichen Bundesländern. Wirklich gut schneiden nur Bayern und Baden-Württemberg ab.

Klassenbester ist das bayerische Eichstätt (siehe ausgewählte Bewertungen im Kasten) mit der Bewertung „2-3“. Und nicht einmal in Bayern sieht es überall rosig aus. Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge wird laut Studie erhebliche Probleme ab dem Jahr 2020 bekommen. Dort kann der demografische Wandel nicht durch Attraktivität der Region ausgeglichen werden.

Am schlechtesten schneidet das Altenburger Land in Thüringen ab: fast eine glatte Fünf. Nicht nur, dass hier wenig Kinder geboren werden, auch finden Jugendliche keine Ausbildung und wandern zwangsläufig ab. Lediglich genügend Kindergartenplätze gibt es hier – eigentlich eine gute Voraussetzung für Nachwuchs.

Die Daten sprechen auch nicht für Rügen. Doch die Wissenschaftler prognostizieren der Insel mit der Note „4“ – Mittelfeld des Rankings – für einen ostdeutschen Landkreis eine relativ rosige Zukunft. Der Grund dafür ist der Tourismus, der die gesamte wirtschaftliche Lage und Infrastruktur stärkt.

Die Bewertung der Landkreise ist wie ein Halbjahreszeugnis zu lesen. Anhand der Zensuren können die Regionen erkennen, wie sie ihr Schrumpfen stoppen und verlangsamen können.

SASCHA TEGTMEIER

Der Bericht „Deutschland 2020 – die demografische Lage der Nation“ kann bei www.berlin-institut.org heruntergeladen werden