■ Deutschland anonym: „Buenos dias, Hände hoch und Geld her“
Wie ist es, wenn man einen Bankraub begeht?
Na, aufregend.
Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen?
Mir ging es beschissen, ich hatte eine miese Wohnung, wollte meinen Lebensstil dramatisch verbessern, ein Segelboot kaufen, nach Südamerika fahren.
Wieviel Geld brauchten Sie?
Na, so zwei- bis dreihunderttausend Mark.
Hatten Sie alles genau geplant?
Ich hab' mir einfach die Filiale einer Sparkasse ausgesucht. Die lag in einer Fußgängerzone in der City, im ersten Stock. Ich dachte, erster Stock ist gut wegen der Abschottung nach draußen.
Wie kamen Sie an die Waffe?
Bei Otto Boenicke (Berliner Waffengeschäft., d. Red.) habe ich mir einen Gasrevolver gekauft. Die Bank lag in der Nähe meiner Volkshochschule, ich war damals im zweiten Bildungsweg. In der Mathestunde bin ich los, das war mein erster Versuch.
Wie lief's?
Ich bin rein in die Sparkasse, wollte mir gerade mit der linken Hand die Strumpfmaske herunterziehen und mit der Rechten zum Hosenbund greifen, wo die Pistole steckte. Da sah ich, daß etwa 30, 40 Leute in der Bank waren. Einfach zuviel. Ich also die Maske wieder hoch, Pistole rein und wieder raus. Keiner hat was gemerkt.
Und beim zweiten Versuch?
Da bin ich nachmittags hin und dachte, jetzt sind weniger Leute drin. Ich hatte eine große Spiegelsonnenbrille auf. Ich zog den Revolver raus und brüllte: „Buenos dias, Hände hoch und Geld her!“
Warum denn Spanisch?
Weiß ich auch nicht, war so ein Impuls. Vielleicht wegen der Identifizierung. Ich dachte, dann erzählen die Leute vielleicht später, es sei ein Ausländer gewesen.
Heute ist er 38 Jahre alt, vor zehn Jahren beging er in Berlin einen Bankraub. Da schon vorbestraft, mußte er nach seiner Festnahme mit sieben Jahren Gefängnis dafür büßen. Heute jobbt er und arbeitet als freischaffender Künstler.
Wie haben die Leute reagiert?
Die haben alle sofort die Hände hochgerissen. Ich habe sie zu einer Seite herüberdirigiert, da sollten sie sich aufreihen.
Und die Kassierer?
Die steckten erst mal nur kleine Scheine durch die Schalter, immer nur Zehner, Zwanziger. Ich sagte hopp, hopp, mal etwas größere Scheine bitte, dann kamen Fünfziger, Hunderter, ich stopfte alles in eine Aldi-Tüte.
Warum gerade eine Tüte von Aldi?
Ich dachte, so was hat jeder, das ist nichts Besonderes. Vielleicht wollte ich auch demonstrieren, daß ich eigentlich ganz arm war.
Hat sich niemand gewehrt?
Ich sah, daß einer der Kassierer auf Knöpfe drückte, Alarm auslöste. Gleichzeitig kamen neue Kunden herein, denen mußte ich immer wieder sagen: Bleiben Sie ganz ruhig und stellen Sie sich bitte da rüber. Ich habe mich wirklich bemüht, die Leute zu beruhigen.
Haben Sie Angst gehabt?
In dem Moment, da bist du voll drin, mußt alles im Blick haben. Da hast du keine Angst. Die hast du vorher.
Hätten Sie bei Gegenwehr auch jemanden verletzt?
Weiß ich nicht. Vielleicht schon, wenn jemand unbedingt den Helden gespielt hätte.
Sie sind geschnappt worden...
Ich habe die Tüte mit den Scheinen gerafft und bin dann raus. Aber in der Bank war zufällig ein Bulle gewesen, als Kunde. Der kam mir hinterher, irre schnell. Ich bin in meine Schule gerannt, um mich dort zu verstecken. Da haben sie mich gestellt.
Wieviel Geld war in der Tüte?
33.000 Mark.
Haben Sie es bereut?
Nein. Aber die sieben Jahre im Knast waren lang. Es hat mir aber auch was gebracht. Heute geht es mir besser als früher, ich male und schreibe. Übrigens habe ich jetzt auch 'ne bessere Wohnung.
Sind Sie anders als die meisten Menschen?
Nicht unbedingt. Jeder will doch Geld haben. Interview: Barbara Dribbusch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen