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Deutsches AgrarministeriumGenmais bleibt erlaubt

In Deutschland ist vorerst kein Verbot von Mon 810 geplant. Brüssel will zwei weitere Sorten zulassen.

"Ist die Saat einmal im Boden, ist es zu spät" - Greenpeace-Agrarexpertin Ulrike Brendel. Bild: dpa

BERLIN taz Nachdem die EU-Umweltminister am Montag beschlossen haben, dass Österreich und Ungarn den Anbau des gentechnisch veränderten Maises Mon 810 verbieten dürfen, bleibt das Agrarministerium in Deutschland bei seinem "schrittweisen Verfahren". Eine Ministeriumssprecherin sagte, das Monitoring des Herstellers Monsanto werde abgewartet und bei Mängeln ein Moratorium des Anbaus erwogen.

Aus dem Umweltministerium hieß es, jetzt sei zur Klärung eine Gesetzesinitiative von Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) gefragt. Auch Greenpeace-Agrarexpertin Ulrike Brendel forderte ein schnelles Verbot von Mon 810, noch vor der Maisaussaat im April. "Ist die Saat einmal im Boden, ist es zu spät", so Brendel.

Unterdessen stehen in Brüssel neue Entscheidungen zu Genmais an. Zum einen entscheiden die Umweltminister demnächst über Anbauverbote, die Griechenland und Frankreich erlassen haben. Erwartet wird das gleiche Votum wie am Montag im Fall von Österreich und Ungarn. Zum anderen möchte die EU-Kommission zwei neue Maissorten zulassen, den Zuckermais BT11 des Schweizer Unternehmens Syngenta und den Mais 1507 des US-Unternehmens Pioneer. Weil die Kommission ihr Vorhaben bisher nicht umsetzen konnte, entscheidet nun innerhalb der nächsten drei Monate der Ministerrat. Aus dem Agrarministerium hieß es dazu gestern, Agrarministerin Aigner lehne die Zulassung der beiden Maissorten wie von der EU-Kommission vorgeschlagen ab. Ob dies ein Nein bei einer möglichen Abstimmung im Ministerrat bedeutet, blieb offen.

Die beiden neuen Maissorten sind resistent gegen die Raupe eines Schmetterlings sowie gegen den Wirkstoff Glufosinat, einen Teil von Pflanzenschutzmitteln. Glufosinat verursacht nach Angaben des Pestizidnetzwerks (PAN) Missbildungen an Föten. 2017 steht die nächste Überprüfung des Wirkstoffs an. Nach der erst kürzlich verabschiedeten EU-Pestizidrichtlinie dürfte er dann als fortpflanzungstoxisch verboten werden. "Das zeigt den ganzen Irrwitz der EU-Genpolitik", sagt Andreas Bauer vom Münchener Umweltinstitut. Die Gentechnik-Experten der zuständigen Behörde für europäische Lebensmittelsicherheit Efsa beachteten nur die ökologischen und gesundheitlichen Folgen der Genmanipulationen, nicht aber die Erkenntnisse ihrer Kollegen aus der Pestizidabteilung.

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1 Kommentar

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  • A
    archimedes

    Diese Genpflanzen sind aus meiner Sicht ein Verbrechen. Dass die deutsche Gesetzgebung sich (noch) nicht auf diesem ethischen Niveau befindet, dafür werden spätere Generationen die heute Verantwortlichen noch verfluchen (obwohl das freilich nichts helfen wird).

     

    Genetisches Material wird, wie mir ein Biologe versichert hat, nach heutigem Erkenntnisstand, unter anderem auch über Virus-ähnliche Strukturen ausgetauscht - über Artengrenzen hinweg. Zumindest bei Pflanzen wurde so etwas schon beobachtet. Daraus folgt z.B., dass gentechnische Veränderungen langfristig keinesfalls nur in den Pflanzenarten bleiben, in die sie künstlich eingebaut wurden. Daraus folgt, dass Gentechnik nicht annähernd so kontrollierbar ist, wie die heutigen Befürwortenden offiziell behaupten.