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Deutscher RadiopreisGrimme aufs Ohr

Ein neuer Preis soll gegen die Selbstverständlichkeit, mit der der "Alltagsbegleiter" Radio hingenommen wird, angehen. Wird verdammt auch mal Zeit.

Der Tatort im Radio: die Schauspielerin Karoline Eichhorn und ihr Kollege Ueli Jaegi im Studio des SWR. Bild: dpa

Einige Radiokollegen, so raunt man, nennen schreibende Journalisten gern "Printer". Wie kollegial, euphemistisch oder süffisant das gemeint ist, soll sich jeder Printer gefälligst selbst überlegen, und auch, ob der Besitz eines Druckers dabei eine Rolle spielt.

Aber solche Ausdrücke versenden sich, und wer schreibt, der bleibt. Hieß es früher. Jetzt ist es umgekehrt: Durch den nicht mehr zu überblickenden Wulst an Content auf digitalen und papiernen Seiten wird das Geschriebene immer bedeutungsloser. Jede Zeitung liegt ohnehin mit einem Bein im Altpapier, und das Informationsüberangebot im Netz produziert laufend Enten: Je mehr Möglichkeiten man hat, sich schlau zu machen, desto mehr Falschmeldungen bekommt man.

Was wirklich bleibt, ist plötzlich wieder das "Jederzeit-und-überall-Medium" Radio: Persönlicher als das Netz (man kann die VerfasserInnen live hören und benennen), schneller und qualitätsaffiner als das Fernsehen, das der alte Wahrheitenerfinder Joachim Lottmann jüngst "Unterschichtsmedium" nannte, interaktiver als jede Zeitung, kleiner als diese dämlichen Ipads und dazu ja so was von nachhaltig und mobil. Der markige Slogan dazu ist seit knapp drei Jahren "Geht ins Ohr. Bleibt im Kopf" – so will man das Bewusstsein für den Radiokonsum stärken.

Dieser Text stammt aus der sonntaz vom 22. Mai 2010 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk. Foto: taz

Zwar steigen vielerorts die Hörerquoten, aber über allem schwebt das unschöne Wort "Dudelmedium". 2005 wurde darum die "Radiozentrale" als "Gattungsplattform des öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks", also gemeinsame Marketing-Initiative gegründet, und mit Sprüchen wie dem genannten soll vor allem ein Imageproblem des altmodischen Mediums aufpoliert werden.

Denn dass es allerorten fantastische Formate, Sendungen, ModeratorInnen, JournalistInnen und RedakteurInnen gibt, weiß jeder. Allein - die Wertschätzung erfordert noch etwas Übung.

In Berlin tummeln sich nur im tatsächlichen Äther schon über 30 Sender, man braucht in der Hauptstadt also ausnahmsweise mal nicht zu meckern. Aber bekanntlich ist heuer nur minimales Streamgeschick nötig, um alle Programme der Welt, die ins Netz gestellt werden, auch an der kleinsten Milchkanne zu empfangen, wenn man ein internetfähiges Etwas zur Hand hat. Das macht das Angebot noch unübersichtlicher und die Perlen der ansässigen Sendehäuser noch schwerer zu finden.

Der in diesem Jahr erstmalig zu verleihende, von der ARD, Deutschlandradio und der Radiozentrale gestiftete "Deutsche Radiopreis" kommt also gerade recht: Im Gegensatz zu den renommierten, auf Hörspiele beschränkten "Hörspielpreis der Kriegsblinden" und dem "Karl Scuka-Preis", den Spartenpreisen oder den vielen bundeslandspezifischen Auszeichnungen soll er von Moderation über Sportreportage und Jingledesign bis hin zu Höreraktion, Recherche, Comedy und Reportage alle Facetten der inländischen Wellen berücksichtigen.

In elf Kategorien können "eigenständige deutsche Programme" Beiträge einreichen, die vom Koordinator Adolf Grimme Institut berufene Jury aus Printern, ehemaligen RadiomacherInnen und Medienarbeitenden hört sich noch bis zum Ende des Monats die Ohren eckig.

Und unter dem Vorsitz des Bert-Donnepp-Preisträgers Torsten Körner soll hernach so heftig diskutiert werden, wie es nötig ist, um eine Nominiertenliste zu erstellen und schließlich, im September, dem oder der festlich auf die Schulter zu klopfen, die es verdient haben: Dotiert ist der Preis – wie auch sein großer TV-Bruder bei Grimme – nicht. Es geht um Ehre und Anerkennung, um die Qualität des Programms und um einen schönen Staubfänger.

"Der Preis ist nicht aus der Defensive geboren", sagt Jury-Chef Körner, "sondern aus dem Bewusstsein, ein Medien-Schwergewicht zu sein". Die Selbstverständlichkeit, mit der der "Alltagsbegleiter" Radio – im Gegensatz zu den Fluchtmedien Internet und Fernsehen – hingenommen wird, soll einem Weckruf weichen: Vier Stunden pro Tag verbringt der/die durchschnittliche HörerIn mit der Welt am Draht, und über 78 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung schalten täglich ein. Zeit für eine amtliche Qualitätsdiskussion.

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