Deutscher Medienunternehmer: Leo Kirch gestorben
Der Medienunternehmer Leo Kirch ist tot. Kirch sei am Donnerstag gestorben, ließ die Familie in München mitteilen. Er wurde 84 Jahre alt.
MÜNCHEN dpa | Der Medienunternehmer Leo Kirch ist tot. Im Alter von 84 Jahren starb der Gründer der Kirch-Gruppe am Donnerstag. "Unser geliebter Ehemann, Vater, Bruder, Dr. Leo Kirch, ist heute im Kreise seiner Familie friedlich verstorben. Wir sind sehr traurig", ließ seine Familie in München mitteilen.
Aus dem Nichts hatte er einen der größten Film- und Fernsehkonzerne Europas mit fast 10.000 Beschäftigten aufgebaut. Im Alter von 29 Jahren sicherte er sich mit geliehenem Geld in Italien die Rechte an dem Filmklassiker "La Strada".
Neben der größten Spielfilm-Sammlung mit weit über 10.000 Titeln sowie rund 40.000 Stunden Serien gehörten ihm früher die Fernsehsender ProSieben, SAT1, N24 und DSF. Im Jahr 2002 ging die Kirch-Gruppe pleite – eine der gräßten Unternehmenspleiten Deutschlands.
1956: Kirch eröffnet ein Filmhandels-Geschäft. Für ARD und ZDF wird er zum wichtigen Filmlieferanten.
--
1985: Kirch gründet mit mehreren Verlagen zusammen den ersten Privatsender Sat.1.
--
1997: Kirchs Sender ProSieben geht an die Börse.
--
1999: Silvio Berlusconi stiegt beim Film- und Sportrechtehandel KirchMedia ein.
--
2000: Rupert Murdoch steigt bei Kirchs defizitärem Abosender Premiere ein. ProSiebenSat.1 geht an die Börse.
--
Sommer 2001: Kirch kauft die Formel-1-Rechte.
--
Dezember 2001: Spekulationen über akute Geldnöte Kirchs. Murdoch bestreitet Pläne für eine feindliche Übernahme.
---
Januar 2002: Die Dresdner Bank fordert einen 460-Millionen-Euro-Kredit zurück. Springer will ProSiebenSat.1-Anteile für 770 Millionen Euro zurückgeben. Der Kirch-Konzern beziffert seine Schulden auf 6,1 Milliarden Euro.
---
Februar 2002: Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer bezweifelt Kirchs Kreditwürdigkeit. ProSiebenSat.1 meldet einen Gewinneinbruch. Murdoch kündigt seinen Ausstieg bei Premiere an und fordert 1,6 Milliarden Euro zurück.
---
8. April 2002: KirchMedia meldet Insolvenz an.
---
8. Mai 2002: KirchPayTV meldet Insolvenz an.
Seitdem machte Leo Kirch den früheren Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, für den Niedergang verantwortlich und kämpfte in mehreren Prozessen gegen ihn. Breuer hatte in einem Interview Kirchs Kreditwürdigkeit in Zweifel gezogen.
Einen seiner wenigen öffentlichen Auftritte hatte Kirch im Mai 2008 als Trauzeuge bei der zweiten Hochzeit von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl, mit dem er persönlich befreundet war. Die guten Kontakte Kirchs zu einflussreichen Politikern und großzügige Kredite der Banken trugen in Kirchs besten Jahren zum Eindruck des machtbesessenen Medienmoguls bei. "Wenn Leo Kirch in Schwierigkeiten kommt, freut sich halb Deutschland", schrieb der Medienwissenschaftler und SPD-Politiker Peter Glotz im Juni 1998 über den "ungeliebten Tycoon". Damals war die Fusion des Digitalfernsehens DF1 mit Premiere untersagt worden - für Kirch eine schwere Niederlage.
Bis zuletzt schaffte es Kirch nicht, mit seinem Traum vom Bezahlfernsehen Geld zu machen. Am Ende wurden ihm die Milliardeninvestitionen in seinem Abo-Sender Premiere und das waghalsige Engagement in der Formel 1 zum Verhängnis. Wie ein Kartenhaus brach sein Imperium im Frühjahr 2002 zusammen. Kirch verabschiedete sich damals in einem Brief von den Mitarbeitern, dankte ihnen für die treue Zusammenarbeit und wünschte Ihnen "Gottes Segen".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus