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Deutsche im Netz„German Angst“ vor Datenmissbrauch

Drei Viertel der Deutschen nutzen das Internet, lassen sich unterhalten und pflegen Kontakte. Gleichzeitig fürchten sie sich, sagt eine ARD-ZDF-Studie.

„Jetzt simmer auch online" – wie weitere 16,8 Millionen Deutsche der Generation Ü50. Bild: dpa

BERLIN taz | Als Tim Berners-Lee 1989 das World Wide Web entwickelte, hätte er sicherlich nicht vermutet, dass heute – gute 23 Jahre später – allein in Deutschland 75,9 Prozent der Bevölkerung das Internet nutzen. Das besagen die Zahlen der neuen Onlinestudie 2012 von ARD/ZDF zum Nutzungsverhalten der Deutschen im Internet und ihrer Geräteausstattung. Die Zahl der Onliner ist damit innerhalb von drei Jahren um zehn Prozentpunkte gestiegen.

Verwunderlich sind diese Werte nicht. Der Zugang ins World Wide Web ist mit der Durchsetzung der Smartphones mobil geworden. Mittlerweile hat ein Drittel aller Haushalte ein solches Gerät, fast die Hälfte sind iPhones. Vor einem Jahr hingegen verfügte nur ein Fünftel über ein Smartphone. In Verbindung mit einer Internet-Flatrate, über die fast alle Besitzer verfügen, kann fast immer und überall ins Netz gegangen werden. Auch die steigende Nutzung von TabletPCs, spielt eine Rolle in dieser Entwicklung.

Doch der eigentliche Grund für diesen Anstieg erkennt die Studie bei der Generation ab 50, die das Internet immer mehr für sich entdecken. Im Vergleich zu 2009 ist die Zahl der Onliner in dieser Altersspalte um mehr als ein Fünftel gestiegen. Trotzdem sei diese im Vergleich zu der jüngeren Generation noch eine, die „die Möglichkeiten des Internets (noch) nicht so ausschöpft.“

Im Nutzungsverhalten hingehen sind sich die Deutschen – egal welchen Alters – ähnlich: Das Internet ist für die meisten weder ein Ort, den sie aktiv gestalten noch ein neuer Medienkosmos. In einer passiv-konsumierenden Grundhaltung sehen die User das Internet schlichtweg als eine „nützliche Erweiterung der 'alten Medien'“. Sie wollen dort unterhalten werden und soziale Kontakte pflegen.

Keine konsequente Durchsetzung der Privatsphäre

Gleichzeitig zeigt die Onlinestudie im Bereich des Nutzungsverhaltens, dass die Angst vor Datenmissbrauch sehr groß ist. So befürchten fast 90 Prozent aller User, dass persönliche Daten über das Internet weitergegeben werden und haben deswegen Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Netzwerken vorgenommen. Doch trotzdem reichen diese Sensibilisierung und das Bewusstsein für die eigenen Daten nicht aus: „Die konsequente Durchsetzung scheint den Onlinern nicht möglich. Zu oft stehen sie vor der Wahl, attraktive Werbeinhalte gegen Preisgabe persönlicher Daten nutzen zu können.“

Dabei bemängeln ARD und ZDF besonders das Privatheits-Verständnis von jungen Menschen bis zu 29 Jahren, das sich im Vergleich zu der Eltern-Generation stark liberalisiert hat. Mehr als die Hälfte habe schon private Daten von sich freigegeben. Offen bleibt die Frage, ob der Wandel im Umgang mit eigenen Daten vom Nutzer selbst oder profitorientierten Dienstanbietern im Netz befördert wurde.

Zudem, so die Onlinestudie, findet eine immer größere Bereitschaft statt, soziale Netzwerke mit eigenen Daten zu füttern. Dabei ist Facebook wie erwartet der große Favorit der Deutschen. Während lokale Anbieter wie Wer-Kennt-Wen oder die VZ-Netzwerke für Schüler und Studenten immer weiter User verlieren, sind mittlerweile knapp 20 Millionen Erwachsene ab 14 Jahren bei Mark Zuckerbergs Facebook angemeldet. Dass dieses Netzwerk international ist und von jeder Generation genutzt wird, macht es attraktiv, obwohl es besonders für seinen freien Umgang mit den Daten seiner Nutzer bekannt ist.

Die Onlinestudie 2012 von ARD/ZDF belegt also, dass Mobilität und Flexibilität immer stärker das Leben der Menschen dominiert. Es herrscht der Wunsch, aber auch gleichzeitig sozialer Druck, immer und überall erreichbar zu sein und kommunizieren zu können. Weswegen sich Geräte wie Smartphones, die dieser Entwicklung nachgehen, immer weiter in deutschen Haushalten etablieren.

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4 Kommentare

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  • UH
    Ulrich Hartmann

    Daß es "German angst" im Ausland als feststehenden Begriff gebe, diese in Deutschland verbreitete Ansicht ist ungefähr so richtig wie die Meinung der Amerikaner, alle Deutschen liebten David Hasselhoff. Mir ist in englischsprachigen Medien schon öfter das Wort "angst" als Teil der englischen Sprache (wie "Über-", "spiel", "weltanschauung" oder "doppelgänger") begegnet, aber noch nie "German angst".

  • T
    T.V.

    Hauptsache Schlagwort genutzt, um's dann im Text zu widerlegen?

  • V
    vic

    Ok, weder besitze ich ein Smartphone, noch bin ich Mitglied eines Social Networks. Und ich geize mit meinen Daten.

    Doch wenn ich mich vor irgenwas fürchte, dann nicht vor amazon, ebay und Co, sondern vor meiner Regierung.

  • D
    Dottermann

    Wann werden wir wohl die folgende Schlagzeile in bester, unirdischer taz-Manier ertragen müssen:

     

    "„German Angst“ vor ESM"