Deutsche arbeiten wieder länger: Nach der Krise ist vor der Krise
Die während der Wirtschaftkrise entstande Kurzarbeit geht zurück. Das zeigt eine Studie der Universität Duisburg-Essen. Nun rügen Gewerkschafter, dass alte Probleme erneut auftauchen.
ESSEN/FRANKFURT dpa/taz | Die Deutschen arbeiten laut einer Studie wieder genauso lang wie vor der Wirtschaftskrise. Im ersten Quartal dieses Jahres erreichten die Vollzeitbeschäftigten wieder das Arbeitszeitvolumen aus dem dritten Quartal 2008 vor dem Ausbruch der Krise, berichtete am Freitag das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen.
Danach arbeiteten die Beschäftigten im Schnitt wieder rund 41 Stunden in der Woche und damit eineinhalb Stunden mehr als während der Krise.
Besonders stark waren die Schwankungen in der Metall- und Elektroindustrie mit bis zu drei Stunden Differenz. Die aktuelle Arbeitszeitverlängerung gehe weit über den Effekt des Abbaus der Kurzarbeit hinaus, kommentierte IAQ-Forscherin Christine Franz ihre Analyse. Erneut sei die Flexibilität der Arbeitszeiten in Deutschland belegt, erklärte ihr Kollege Steffen Lehndorff.
Die IG Metall forderte in einer Reaktion die Metallarbeitgeber zu mehr Festanstellungen auf. "Es gibt genug Arbeit in den Betrieben und für viele Beschäftigte sind die Arbeitszeiten nach der Krise wieder länger geworden", sagte Helga Schwitzer, Vorstandsmitglied und Tarifexpertin der IG Metall, laut einer Mitteilung am Freitag in Frankfurt. Es sei die Zeit für stabile Jobs, statt weiterer Arbeitszeiten und prekäre Beschäftigung auszudehnen.
Allzu positiv sollten die Ergebnisse jedoch nicht bewertet werden, warnen die Forscher. Zwar hätten es viele in der Krise als Wohltat empfunden, Arbeitszeit-Puffer abbauen zu können, so Dr. Steffen Lehndorff von der Universität Duisburg-Essen. Doch die hohen Guthaben auf den Arbeitszeitkonten seien zwischen 2003 und 2006 zu Lasten eines Wachstums der Stammbelegschaften aufgebaut worden. "Die Rückkehr zu Arbeitszeitverlängerungen beeinträchtigt die Beschäftigungswirksamkeit des jetzigen, ohnehin prekären Aufschwungs", so Lehndorff.
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