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Deutsche WirtschaftGedämpfte Konjunkturerwartung

Zum Jahresende häufen sich die Prognosen: Die Wirtschaft erholt sich nur langsam, die Arbeitslosigkeit wird weiter ansteigen, und auch der private Konsum stagniert.

Unklar, wohin die Reise am Ende gehen wird. Bild: Atli Harðarson – Lizenz: CC-BY-ND

BERLIN dpa/afp/apd/rts | Die Konjunktur in Deutschland kommt nach Ansicht des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erst Ende 2010 wieder in Schwung. Nach dem massiven Produktionseinbruch erhole sich die deutsche Wirtschaft in der Krise nur zögerlich, teilte das Institut am Dienstag mit.

Die Produktionskapazitäten seien nach wie vor nicht voll ausgelastet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2009 um 4,8 Prozent unter dem Niveau des Vorjahrs liegen, 2010 allerdings um 1,9 Prozent ansteigen. 2011 soll das Wirtschaftswachstum dann 1,8 Prozent betragen. Das Bruttoinlandsprodukt wird laut mittelfristiger Prognose des IWH von 2012 bis 2014 dann jährlich um etwa 2 Prozent zunehmen.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird sich in den kommenden beiden Jahren nach Einschätzung des IWH als zeitversetzte Folge der Krise zunächst deutlich verschlechtern. Kurzarbeit hatte 2009 vielfach Arbeitslosigkeit verhindert. Nach IWH-Berechnungen wird sich die Arbeitslosenzahl von 3,42 Millionen in diesem Jahr auf 3,97 Millionen im kommenden Jahr erhöhen. 2011 werden sogar 4,13 Millionen Arbeitslose erwartet. Die Arbeitslosenquote werde von 7,8 Prozent auf 9,1 Prozent im nächsten und auf 9,5 Prozent im übernächsten Jahr ansteigen. Erst ab 2012 rechnet das IWH mit einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt das Wachstum im laufenden Quartal pessimistischer ein als noch vor einem Monat. Die erwartete Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts fällt laut DIW-Konjunkturbarometer mit 0,6 Prozent um zwei Zehntel schwächer aus als noch im Vormonat geschätzt. Grund hierfür sei die nachlassende Wachstumsdynamik in den Industriesektoren.

Die Investitionen in der westdeutschen Industrie werden nach einem dramatischen Einbruch in diesem Jahr 2010 nur sehr langsam anziehen. Das Münchner ifo Institut erwartet einen Anstieg von 2 Prozent. Für 2009 ergab eine Umfrage unter 1.800 Unternehmen einen Rückgang der Investitionen um 22 Prozent auf 36,5 Milliarden Euro.

Das Minus sei deutlich stärker ausgefallen, als Anfang des Jahres erwartet, erklärten die ifo-Wirtschaftsforscher. Besonders zurückhaltend bei Investitionen zeigte sich der Maschinenbau, der 2010 laut ifo weitere Kürzungen um 15 Prozent plant, nach einem Rückgang um 25 Prozent in diesem Jahr. Im Luft- und Raumfahrzeugbau sollen die Investitionen dagegen um 15 Prozent steigen, während sie 2009 um 10 Prozent gefallen waren.

Zu den vom Rückgang der Investitionen besonders betroffenen Wirtschaftszweigen zählt auch die deutsche Leasingbranche. Einer Studie des ifo Instituts und des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) zufolge wird das Neugeschäft dort im laufenden Jahr um 23 Prozent einbrechen. In den ersten neun Monaten habe es bereits einen Absturz von 24 Prozent gegeben, den größten in der Geschichte des Leasings, erklärten die Wirtschaftsforscher.

Die angekündigten Preissteigerungen für Strom und Gas sowie die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes dämpfen die Kauflaune der Verbraucher zum Jahreswechsel. Das Konsumklima werde sich zu Beginn des Jahres leicht abkühlen, teilte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am Dienstag in Nürnberg mit.

Der von der GfK gemessene Konsumklimaindex sank zum dritten Mal in Folge. Lag er im Dezember noch bei 3,6 Punkten, erreicht er im Januar voraussichtlich nur 3,3 Punkte. Die GfK geht für das gesamte kommende Jahr von einer Stagnation der privaten Konsumausgaben aus.

2009 hingegen war der Konsum laut GfK mit einem voraussichtlichen Zuwachs von 0,5 Prozent "die wesentliche Stütze" der Konjunktur. Das Konsumklima habe sich angesichts der schweren Wirtschaftskrise "überaus robust und widerstandsfähig" gezeigt. Vor größeren Anschaffungen schrecken die Verbraucher jedoch zurück. Neben den erwarteten Preissteigerungen für Energie sei eine "deutlich gestiegene Sparneigung" der Grund. Die Verbraucher legten in Erwartung schlechter Zeiten Geld zurück - und das können sie nicht ausgeben.

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2 Kommentare

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  • A
    avelon

    Gestern ging ein zweiter Kommentar hier verloren.

     

    Als ich es mir noch leisten konnte, las ich die Printausgabe dieser Zeitung per Abonnement. Nun bleibt mir nur noch die online-Ausgabe. Aber zum Thema:

     

    Die Unsicherheit geht um, fast täglich widersprechen sich diese und jene, völlig überflüssigen Institute (gut bezahlte Postenvergaben der Politik) mit ihren Prognosen.

     

    Hauptsache, das Volk wird verunsichert und duckt sich. Es läßt sich von den Arbeitgebern, ARGEn, Behörden und Konsorten mehr und mehr Druck gefallen, um zumindest nicht ´freigestellt´ zu werden, Kürzungen von H IV zu vermeiden usw.

     

    Ich stelle als Laie auch eine Prognose: Lange macht das Volk diese menschenverachtende, dem GG widersprechenden Demütigungen nicht mehr mit.

  • A
    avelon

    Die Unsicherheit wächst. Fast täglich sich widersprechende Prognosen des einen oder anderen Experten-Instituts füllen zwar Leerraum in Zeitungen, nutzen jedoch wenig.

     

    Je mehr gequatscht wird, desto weniger wird gesagt ...