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Deutsche Polit-TalkshowsDas Thema ist die Botschaft

Was passiert eigentlich, wenn sich "Anne Will" und "Hart, aber fair" dem gleichen Thema widmen? Ein Selbstversuch.

Widmeten sich die Woche dem gleichen Thema: Frank Plasberg und Anne Will Bild: ap

Die gerne gestellte Frage, ob eigentlich alle verrückt geworden sind, stellt sich nun auch bei Frank Plasberg. "Jung, brutal und nicht von hier - was ist dran am Streit um Ausländergewalt?" war Thema bei "Hart aber fair", und es lässt sich festhalten: Abschnittweise war die Sendung peinlich.

Ein Experiment mit versteckter Kamera gab es da: Zwei Schauspielschüler ("mit Migrationshintergrund") hörten in der U-Bahn Musik aus dem Handy und rissen dumme Sprüche - und die Sprecherstimme aus dem Off fragte, ob die anderen Passagiere wohl "den Terror kommentarlos über sich ergehen lassen" würden. Das war, unabhängig von der eigenwilligen Benutzung des Worts Terror, erstaunlich einfach gestrickt und tendenziös. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der die Debatte über jugendliche Gewalttäter angegrunzt hatte, bedankte sich am Ende der Sendung prompt dafür, dass sein Thema eine solche Plattform bekommen hatte.

Ansonsten zeigte Plasberg seine Qualitäten: Er ist zur Auseinandersetzung fähig, konfrontierte Koch mit dessen Forderung, Burkas in hessischen Schulen zu verbieten, mit der Recherche, dass es dort überhaupt keine Burka-Trägerin gebe. Und er konfrontierte Koch, der behauptet hatte, für eine "schweigende Mehrheit" zu sprechen, damit, dass ein NPD-Politiker auf seiner Homepage dasselbe von sich behaupte. Das war plakativ, aber auf den Punkt: Das Thema selbst ist Kochs Botschaft, nicht die Inhalte, die verhandelt werden.

Anne Will war die Diskussion am Sonntag differenzierter als Plasberg angegangen. Bei "Hart aber fair" blieb es am Ende bei Wahlkampfpositionen. Bei Will entwickelte sich ein von weit mehr Diskriminierungssensibilität geprägtes Gespräch, in dem eine Sozialpädagogin den wichtigen Satz sagen konnte: "Ich versteh' sie nicht ganz, die Debatte".

Auch wenn sich beide ARD-Talkshows, die Sabine Christiansens Häppchengeschwätz ablösten, auf einem ähnlichen Quotenniveau - im Schnitt drei bis dreieinhalb Millionen Zuschauern - einpegeln: Diese Woche zeigten "Anne Will" und "Hart aber fair" angesichts der Tatsache, dass sie sich dasselbe Thema vorgenommen hatten, deutlich, was sie unterscheidet. Plasberg fragt hart, aber auf Krawall gebürstet. Anne Will regt eine ergebnisorientiertere Debatte an, bei der man aber an manchen Stellen wegdöst. Plasberg fährt seinen Gästen lieber zu schnell als zu spät über den Mund. Anne Will ließ sich vom ebenfalls wahlkämpfenden Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) auch mal in die Moderation pfuschen, bevor sie später eine kleine Spitze zurückgab. Doch am Ende kamen beide Sendungen zur selben Erkenntnis, auch wenn das so nicht ausgesprochen wurde. Erstens: Alles nicht so einfach. Zweitens: Wahlkämpfer sollten aus Talkshows eventuell brutalstmöglich abgeschoben werden.

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2 Kommentare

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  • R
    Richard

    Wenn ich zitieren darf:

     

    "Bei Will entwickelte sich ein von weit mehr Diskriminierungssensibilität geprägtes Gespräch, in dem eine Sozialpädagogin den wichtigen Satz sagen konnte: "Ich versteh sie nicht ganz, die Debatte?."

     

    Da fragt sich der investigative Journalist:

     

    "Wurde die gar nicht gebrieft vorher?" ;-)

  • DS
    David Schuster

    Ihre Ausführungen über R. Kochs Auftritt bei "hart aber fair" kann man nur voll und ganz unterschreiben; allerdings hätte ich mir auch ein Wort über Özcan Mutlu gewünscht, der kaum eine Frage beantwortete, sondern immer und immer wieder die gleichen Sprechblasen absonderte. Argumentativ lagen meiner Meinung nach beide auf demselben, niedrigen Niveau...das von Ministerin Zypries auch nur ganz leicht übertroffen wurde.