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Deutsche Geiseln in Beirut freigelassen

■ Schneller Rückflug nach Deutschland/ Jetzt hofft der Libanon wieder auf Hilfen der Europäischen Gemeinschaft/ Bundesregierung soll Hafterleichterungen für Hamadi-Brüder versprochen haben

Beirut/Berlin (ap/afp/taz) — Nach über dreijähriger Geiselhaft im Libanon sind die Deutschen Heinrich Strübig und Thomas Kemptner am Mittwoch freigelassen worden. Noch am gestrigen Abend sollten sie in der Bundesrepublik ankommen. Am Vormittag waren sie in Beirut dem Staatsminister Bernd Schmidbauer übergeben worden, nach einer ersten Untersuchung wurden sie als gesund bezeichnet.

Die Übergabe der Deutschen, die ursprünglich für Dienstag angekündigt war, erfolgte im Amtssitz des libanesischen Ministerpräsidenten. Dort trafen der 51 Jahre alte Strübig und der 30jährige Thomas Kemptner am Vormittag in einem Wagen des syrischen militärischen Geheimdienstes ein. Bei der formellen Übergabe äußerte Ministerpräsident Solh die Hoffnung, daß für den Libanon nun eine „neue Ära der Zusammenarbeit mit Deutschland, der Europäischen Gemeinschaft und dem Rest der Welt“ beginne. Wie EG-Sprecher Joao Vale de Almeida bereits am Dienstag erklärte hatte, werden schon in der kommenden Woche EG- Vertreter nach Beirut fliegen, um mit der libanesischen Regierung die Wiederaufnahme der vor einem Jahrzehnt eingestellten Hilfeleistungen zu erörtern.

Nach einer medizinischen Untersuchung im Hotel fuhren die Freigelassenen mit Schmidbauer zum Flughafen. Nach einer Zwischenlandung auf Kreta, wo Kemptner und Strübig von ihren Angehörigen begrüßt wurden, flogen sie weiter zum Flughafen Köln/Bonn.

Picco widersprach der Ansicht, daß das Geiseldrama im Libanon beendet sei. Er erinnerte daran, daß es nicht nur um Bürger westlicher Staaten gehe, sondern auch „um die vermißten Libanesen und Israelis“. Er spielte damit auf das Los von mindestens 150 Libanesen an, die von Israel im Khiyam-Gefängnis in der von dem jüdischen Staat beanspruchten Sicherheitszone im Südlibanon festgehalten werden. Er bezog sich auch auf fünf israelische Soldaten, die in der Gewalt der proiranischen schiitischen Hizballah sein könnten.

Strübig und Kemptner, die für die deutsche Hilfsorganisation Asme- Humanitas arbeiteten, waren am 16.Mai 1989 im Südlibanon verschleppt worden und befanden sich in der Gewalt der Familie Hamadi. Deren Oberhaupt Abdel Hadi Hamadi steht an der Spitze der Gruppierung Heilige Kämpfer für die Freiheit und wollte Strübig und Kemptner offenbar gegen seine jüngeren Brüder Ali und Abbas Hamadi austauschen, die in Deutschland hohe Freiheitsstrafen verbüßen. In Bonn hieß es am Mittwoch, der Familie Hamadi sei zugesichert worden, über gewisse Hafterleichterungen für die inhaftierten Brüder nachzudenken. Außenminister Kinkel betonte erneut, daß es „keinen Tauschhandel mit verbrecherischen Geiselnehmern“ gegeben habe.

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