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Deutsche Fahnenträgerin in ParisSie wirft so schnell nichts um

Judoka Anna-Maria Wagner wird als weiblicher Part die deutsche Fahne in Paris tragen. Sie hat Medaillen im Blick – und kennt sich mit Krisen aus.

Fiel nach den Spielen 2021 in Tokio in ein Loch: Judoka Anna-Maria Wagner Foto: imago

Berlin taz | Sie tritt in die Fußstapfen von Maria Höfl-Riesch (Ski), Laura Ludwig (Beachvolleyball) und Claudia Pechstein (Eisschnelllauf): Anna-Maria Wagner. Die deutsche Judoka wird am Freitagabend bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele in Paris die deutsche Fahne tragen. Gemeinsam mit dem Basketballer Dennis Schröder wird sie auf einem Boot über die Seine fahren und von voraussichtlich 300.000 Zuschauern umjubelt werden. Wer ist die Athletin?

1996 in Ravensburg geboren, spielte sie in ihrer Kindheit noch Tennis und tanzte Hiphop und Ballett. Judo begann sie in einer AG. Heute lebt die 28-Jährge in Köln, wo sie als Sportsoldatin bei der Bundeswehr arbeitet. Judo ist nach wie vor eine Randsportart. Sie lässt sich in Deutschland professionell nur als Sportsoldatin, -polizistin oder mit Hilfe der Deutschen Sporthilfe betreiben. Sonst fehlt das Geld, wie bei so vielen anderen bei Olympia vertretenen Sportarten auch

Bei der Wahl zur deutschen Fahnenträgerin setzte sich die Judoka gegen die Fußballerin Alexandra Popp und die Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl durch. „Ich hab gar nicht damit gerechnet, weil einfach die Konkurrenz sehr, sehr stark war“, sagte Wagner nach ihrer Wahl.

Sie muss sich neben Sportgrößen wie Popp und Bredow-Werndl allerdings nicht verstecken. Wagner gehört in Paris zu den Medaillenfavoriten ihrer Disziplin. Die 28-Jährige wird beim Judo der Gewichtsklasse unter 78 Kilo – dem Halbschwergewicht – antreten. Die Weltranglisten-Zweite gewann 2021 und 2024 den Weltmeistertitel. Bei Olympia in der französischen Hauptstadt ist ihr Ziel entsprechend die Goldmedaille.

Nach den Spielen von Tokio 2021 wurde die Weltmeisterin jedoch zu Boden geworfen. Vielen Sportlern geht es so. „Post Olympia Depression“ wird das genannt – viel Glanz und Trubel während der Spiele bieten ausreichend Fallhöhe für den Alltag danach. Sie sprach darüber offen: „Ich hatte die Freude am Judo verloren, konnte mich nicht mehr für den Sport motivieren.“ Doch sie kämpfte sich zurück. „Gerade ist es sehr weit weg für mich. Das Thema hat mich lange begleitet. Ich würde sagen, seit Anfang dieses Jahres habe ich es komplett abgeschüttelt.“

Vielleicht hilft Wagner das Uchi-mata, ihre Lieblingstechnik, bei der sich die Angreiferin mit der Hüfte in die Gegnerin dreht und sie darüber wirft. Alles auf einem Bein.

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