Deutsche Fahnenträgerin in Paris: Sie wirft so schnell nichts um
Judoka Anna-Maria Wagner wird als weiblicher Part die deutsche Fahne in Paris tragen. Sie hat Medaillen im Blick – und kennt sich mit Krisen aus.
1996 in Ravensburg geboren, spielte sie in ihrer Kindheit noch Tennis und tanzte Hiphop und Ballett. Judo begann sie in einer AG. Heute lebt die 28-Jährge in Köln, wo sie als Sportsoldatin bei der Bundeswehr arbeitet. Judo ist nach wie vor eine Randsportart. Sie lässt sich in Deutschland professionell nur als Sportsoldatin, -polizistin oder mit Hilfe der Deutschen Sporthilfe betreiben. Sonst fehlt das Geld, wie bei so vielen anderen bei Olympia vertretenen Sportarten auch
Bei der Wahl zur deutschen Fahnenträgerin setzte sich die Judoka gegen die Fußballerin Alexandra Popp und die Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl durch. „Ich hab gar nicht damit gerechnet, weil einfach die Konkurrenz sehr, sehr stark war“, sagte Wagner nach ihrer Wahl.
Sie muss sich neben Sportgrößen wie Popp und Bredow-Werndl allerdings nicht verstecken. Wagner gehört in Paris zu den Medaillenfavoriten ihrer Disziplin. Die 28-Jährige wird beim Judo der Gewichtsklasse unter 78 Kilo – dem Halbschwergewicht – antreten. Die Weltranglisten-Zweite gewann 2021 und 2024 den Weltmeistertitel. Bei Olympia in der französischen Hauptstadt ist ihr Ziel entsprechend die Goldmedaille.
Nach den Spielen von Tokio 2021 wurde die Weltmeisterin jedoch zu Boden geworfen. Vielen Sportlern geht es so. „Post Olympia Depression“ wird das genannt – viel Glanz und Trubel während der Spiele bieten ausreichend Fallhöhe für den Alltag danach. Sie sprach darüber offen: „Ich hatte die Freude am Judo verloren, konnte mich nicht mehr für den Sport motivieren.“ Doch sie kämpfte sich zurück. „Gerade ist es sehr weit weg für mich. Das Thema hat mich lange begleitet. Ich würde sagen, seit Anfang dieses Jahres habe ich es komplett abgeschüttelt.“
Vielleicht hilft Wagner das Uchi-mata, ihre Lieblingstechnik, bei der sich die Angreiferin mit der Hüfte in die Gegnerin dreht und sie darüber wirft. Alles auf einem Bein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört