: Deutsche Botschaft in Kuwait gibt auf
■ Bonn will Vertretung aber nicht als geschlossen verstanden wissen/ Streit im Tokioter Parlament um japanische UNO-Truppenbeteiligung/ 'L'Express‘: Amerikaner wollen im November Irak angreifen
Bonn/Bagdad (ap/afp) — Die deutschen Diplomaten in der von irakischen Soldaten belagerten Botschaft Bonns in Kuwait haben aufgeben müssen. Im Botschaftsgebäude gab es schlicht nichts mehr zu essen. Botschafter Claus Sönksen hat einer Mitteilung zufolge Kuwait verlassen und sich nach Bagdad begeben. Das deutsche Außenministerium erklärte am Freitag, daß die Bonner Botschaft jedoch nur als vorläufig geräumt, nicht aber als geschlossen zu betrachten sei. Die Interessen der Deutschen in Kuwait und im Irak würden künftig von der Bagdader Botschaft vertreten.
Regierungssprecher Vogel erklärte in Bonn, die Bundesregierung habe keine Möglichkeit versäumt, die Freilassung aller Deutschen zu verlangen. Bonn könne aber der internationalen Solidarität wegen nicht direkt mit Bagdad reden: „Die Bundesregierung verhandelt nicht mit Geiselnehmern“, fügte Vogel hinzu. Auch die Belgier zogen ihre letzten beiden Diplomaten aus Kuwait ab. Damit harrten am Freitag als Vertreter westlicher Staaten nur noch Diplomaten aus den USA, Großbritannien, Frankreich und Kanada in Kuwait aus.
Japans Regierungschef Kaifu hat am Freitag das zu einer Sondersitzung einberufene Parlament aufgefordert, die Regierungspläne zur Schaffung eines Friedenscorps zu unterstützen, das sich an UNO-Aktionen beteiligen soll. Die meisten Oppositionsparteien lehnen diesen Plan aber unter Berufung auf Japans „Friedensverfassung“ ab, nach der das Land eigentlich überhaupt keine Truppen unterhalten darf. Die „Selbstverteidigungskräfte“, wie Japans Militäreinheiten offiziell heißen, dienen nach bisheriger Verfassungsinterpretation ausschließlich zur Verteidigung des eigenen Landes.
Der britische Außenminister Douglas Hurd forderte unterdessen, daß innerhalb der „nächsten paar Wochen“ eine Entscheidung darüber gefällt werde, ob der Einsatz militärischer Mittel zur Befreiung Kuwaits nötig sei oder nicht. In Washington sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tutwiler, es lägen Berichte vor, nach denen Bagdad auch allen über 55 Jahre alten amerikanischen Männern die Ausreise aus Irak oder Kuwait nicht mehr erlauben wolle.
Die französische Zeitschrift 'L'Express‘ hat in ihrer jüngsten Ausgabe Details über einen angeblichen Plan der USA für einen bevorstehenden Angriff auf Irak veröffentlicht. Als möglicher Termin für die Durchführung wurde November genannt. Danach soll in einer nur wenige Tage dauernden Überraschungsoperation Bagdad zum Rückzug aus Kuwait gezwungen werden. Die Informationen will das Blatt aus dem Pentagon in Washington bekommen haben. Offizielle amerikanische Reaktionen auf den Bericht gab es zunächst nicht.
'L'Express‘ zufolge soll die Militäraktion mit einem nächtlichen Überraschungsangriff amerikanischer „Tarnkappenbomber“ gegen irakische Radaranlagen und Luftverteidigungseinrichtungen eingeleitet werden. Dem sollen Luftangriffe, darunter mit B-52-Bombern und Raketen, folgen, um die irakische Luftwaffe auszuschalten, sowie um irakische Militäreinrichtungen, Panzerverbände in der Nähe der Grenze zu Saudi-Arabien und Nachschubverbindungen zu vernichten. Zuletzt sind nach dem Bericht amerikanische Landeoperationen an der kuwaitischen Küste und der Einmarsch arabischer Truppen auf dem Landwege in Kuwait vorgesehen. Washington zögere aber noch, da man hohe US-Verluste befürchte.
Der türkische Außenminister Ali Bozer hat — bedingt durch ein Kompetenzgerangel im Zusammenhang mit der Krise am Golf — nach Mitteilung von Ministerpräsident Yildirit Akbulut vom Freitag sein Amt niedergelegt. Ein Nachfolger soll in Kürze ernannt werden. In der türkischen Presse hatte es in den letzten Wochen Spekulationen gegeben, wonach Staatspräsident Özal die Außenpolitik nach dem Ausbruch der Krise am Persischen Golf zur Chefsache gemacht haben soll. Als Beispiel für das Verhalten Özals nannten die Medien den Umstand, daß der Präsident Bozer im vergangenen Monat von einem Treffen mit US- Präsident Bush und Außenminister Baker in Washington ausgeschlossen habe, obwohl Bozer der türkischen Besucherdelegation angehörte.
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