Deutsche Biathletinnen in Hochfilzen: Schlecht in Schuss
Vor dem Weltcup in Hochfilzen suchen die deutschen Biathletinnen mit neuen Trainern noch nach ihrer Form. Dabei wird Laura Dahlmeier sehr vermisst.
Mit dem Wetter hatte Denise Herrmann in diesem Jahr nur einmal Pech. Im September, nach den deutschen Meisterschaften, war die Skijägerin aus dem Erzgebirge zur Entspannung für eine Woche auf Kreta. „Von den sieben Tagen hat’s an drei geregnet, volle Palette. Und am schlimmsten war es, als wir gerade Fahrräder ausgeliehen hatten“, erzählt die frühere Langläuferin im Gespräch mit der taz. Das Kontrastprogramm bekam sie bei der langen Saisonvorbereitung mit Gewehr und auf Rollskiern geliefert. „Es war einfach ein Traumsommer, in dem du quasi gar nicht auf die Windfahne gucken musstest“, erzählt Herrmann. „Da konntest du nicht sagen: Heute möchte ich mal bei ein paar Böen trainieren. Du hast dich hingelegt, losgeschossen und getroffen.“
Die sonnigen Erinnerungen sind Vergangenheit. Beim Weltcup-Auftakt im slowenischen Pokljuka schlitterten die Biathletinnen des DSV in allen drei Einzelrennen weit an den Podestplätzen vorbei – ein Gefühl, dass sie seit vier Jahren nicht mehr kannten. Die besten Resultate lieferte Franziska Preuß mit zwei neunten Plätzen, dazu sorgte Debütantin Anna Weidel mit Rang zehn und elf in Sprint und Verfolgung für eine positive Überraschung. Bei allen anderen gab’s dagegen lange Gesichter. Und dazu, wie bei Herrmann und Franziska Hildebrand, extreme Schienbeinschmerzen.
„Von den Knien abwärts war’s wie gelähmt“, berichtete Herrmann. Das klang dramatisch – auf der zweiten Winterstation in Hochfilzen (beginnt am Donnerstag mit dem Frauen-Sprint) wollen die deutschen Skijägerinnen den Abwärtstrend nun stoppen. Es ist eine frühe Herausforderung für das erfolgsverwöhnte Team, zumal in der Damenabteilung mit Kristian Mehringer und dessen Assistent Florian Steirer seit diesem Frühjahr ein komplett neues Trainergespann am Werkeln ist.
Am Stützpunkt in Ruhpolding arbeitete das Duo den Sommer über mit dem Großteil der Mannschaft fast täglich zusammen. Als „sehr intensiv“ bezeichnet Mehringer die ersten sechs Monate – in denen er auch immer mal den Rat von Mark Kirchner einholte. Der Männer-Bundestrainer fungiert seit dieser Saison als Oberboss, soll nun auch ein Auge auf die Geschicke des Frauenteams haben. Kirchner sieht sich in seiner zusätzlichen Rolle als Mentor – und sagt: „Ich hab’ ein gutes Gefühl. Das sind zwei junge, engagierte Trainer – und das Feedback der Damen während des Sommers war durchweg positiv.“
„Die beiden fehlen uns, das muss man schon sagen“
Der radikale Wechsel auf Coaching-Ebene wurde nicht zuletzt auf Wunsch der Biathletinnen selbst vollzogen – die wegen interner Streitigkeiten rund um die Staffelbesetzung bei Olympia in Pyeongchang zudem mit sich erst mal ins Reine kommen mussten. Situativ sei die Sache auch mit den neuen Trainern während des Sommers ausgewertet worden, erzählt Herrmann. „Und vielleicht“, fügt sie vielsagend hinzu, „musste von der einen oder anderen Seite auch mal eine Entschuldigung kommen.“
Das alles ist geschehen, der Zwist offiziell aus der Welt geschafft. Dafür türmen sich nun die überwiegend mäßigen Ergebnisse des Saisonstarts vor den DSV-Frauen und ihren Trainern auf. „Das Innenleben im Team ist gut, denk ich mal. Doch, das macht Spaß“, meinte Vanessa Hinz in Pokljuka dazu etwas vage. Die Staffelweltmeisterin von 2015 und 2017 hatte wie fast alle ihrer Teamkolleginnen vor allem mit Problemen am Schießstand zu kämpfen. Denise Herrmann verpasste deswegen als 62. im Sprint sogar die Verfolgung.
Beim Saisonstart 2017 in Östersund hatte die 29-jährige Wahl-Ruhpoldingerin diese beiden Rennen noch gewonnen. Aber damals konnte sich die exzellente Läuferin auf Lehrgängen auch noch mit Laura Dahlmeier messen. In diesem nacholympischen Winter jedoch steigt die Vorzeigefrau des DSV nach einer Zwangspause wegen ihres geschwächten Immunsystems erst im Januar in den Weltcup ein. Nach einer Fuß-OP fällt momentan auch Maren Hammerschmidt aus, in den letzten Jahren eine der Leistungsträgerinnen im Team.
„Die beiden fehlen uns, das muss man schon sagen“, betont Herrmann. „Es ist immer besser, wenn alle da sind. Konkurrenz belebt das Geschäft. Und je mehr Gute dabei sind, desto höher ist das Gesamtniveau – und man kommt einfach immer unter Zugzwang.“ So wie jetzt beim Weltcup in Hochfilzen – nur eben ohne Laura Dahlmeier und Maren Hammerschmidt.
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