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Details der RentenkonzepteKampf der Papiere

CDU-Ministerin von der Leyen und SPD-Chef Gabriel haben ihre Pläne gegen Altersarmut vorgelegt. Darin gibt es feine, aber folgenreiche Unterschiede.

Wo wollen sie mit der Rente genau hin? Ursula von der Leyen und Sigmar Gabriel (rechts). Bild: dapd

BERLIN taz | Die Rentenpläne von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel und CDU-Sozialministerin Ursula von der Leyen liegen auf dem Tisch. In beiden Fällen soll durch Aufstockungen eine Maximalbruttorente von 850 Euro im Monat herauskommen, das ist nach Abzügen von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen allerdings nur ein Nettobetrag von etwas über 762 Euro.

Es macht Sinn, die Papiere auf die feinen Unterschiede hin abzuklopfen.

Wer soll Anspruch haben auf eine solche Zusatzrente?

Im Konzept Sigmar Gabriels zur „Solidarrente“ sollen Rentenansprüche aufgewertet werden, wenn mindestens 30 Beitragsjahre vorliegen. Im Plan von der Leyens müssen 35 Beitragsjahre vorliegen, um eine „Zuschussrente“ zu bekommen. Einen Riester-Vertrag zu haben, der eine Einzahlung von mindestens 5 Euro im Monat erfordert, ist zudem eine Voraussetzung für die Zuschussrente. Im Gabriel-Papier sollen auch Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld II mitgewertet werden – wie genau, ist aber noch nicht klar.

Welche Rolle spielt es, ob man vorher Voll- oder Teilzeit gearbeitet und Kinder erzogen hat?

Im Gabriel-Papier heißt es, nur Vollzeiterwerbstätige sollen später eine Aufstockung auf 850 Euro Solidarrente bekommen. Bei Teilzeitkräften werden die Rentenansprüche aber deutlich aufgewertet. Im Von-der-Leyen-Konzept spielt die frühere Arbeitszeit keine explizite Rolle. Rentenansprüche aus der Erwerbsarbeit von Müttern werden mit einem erheblich höheren Faktor aufgestockt als die von kinderlosen Geringverdienern.

Welche Rolle spielt die betriebliche Altersvorsorge?

Laut dem Gabriel-Papier sollen Arbeitnehmer, wenn sie nicht widersprechen, mindestens 2 Prozent von ihrem Brutto in eine betriebliche Altersvorsorge einzahlen. Dies soll pauschal mit 400 Euro pro Jahr vom Staat gefördert werden.

Was wird später auf die Zusatzrenten angerechnet?

Im Von-der-Leyen-Konzept bleibt das Angesparte aus Riester-Verträgen und betrieblicher Altersvorsorge anrechnungsfrei. Im Gabriel-Konzept wird hingegen alle private und betriebliche Altersvorsorge mit angerechnet. Das Partnereinkommen im Alter wird im Von-der-Leyen-Konzept mit berücksichtigt, im Gabriel-Papier bleibt es später bei der Solidarrente anrechnungsfrei.

Was ist für die Selbständigen geplant?

Solo-Selbständige sollen in beiden Konzepten verpflichtet werden zu einer Mindest-Altersvorsorge. Im Von-der-Leyen-Konzept würde eine private Altersvorsorge reichen, im Gabriel-Papier sollen die Selbständigen mittelfristig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

Welche Vorschläge gibt es für den vorzeitigen Rentenausstieg?

Im Konzept von der Leyens und im Gabriel-Papier sollen die Erwerbsminderungsrenten durch die Erhöhung der „Zurechnungszeiten“ verbessert werden. In beiden Papieren soll zudem der flexible Ausstieg aus dem Berufsleben erleichtert werden, indem man die Hinzuverdienstgrenzen bei vorzeitigem Rentenbeginn erhöht.

Wie sollen die Konzepte finanziert werden?

Mittelfristig sollen beide Konzepte vor allem aus Steuermitteln finanziert werden. Im Von-der-Leyen-Konzept werden dafür eingesparte Mittel aus der Grundsicherung im Alter und sinkende Zuschüsse zu den Bergarbeiterrenten eingerechnet. Das Gabriel-Papier lässt die steuerliche Finanzierung offen. Von der Leyen veranschlagt für die Zuschussrente Mehrkosten von 3,2 Milliarden Euro, im Gabriel-Papier geht man von „deutlich höheren Kosten“ aus.

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6 Kommentare

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  • C
    Celsus

    Wundersam erscheint doch langsam, wie dann die Koalition und die Opposition im trauten Einvernehmen für eine Senkung der Rentenbeiträge sein konnten. Es ging da um unzumutbare 0,6 % und jetzt soll vom Bruttolohn ein Beitrag von 2 % abgezwackt werden für eine betriebliche Altersversorgung.

     

    An diesem wunderbaren Modell können dann private Versicherungen verdienen und die Beschäftigten kommt das teuer zu stehen. Sollte jemand gegen eine rente von 850 € protestieren, werden die Politiker ihm dann entgegenhalten, dass er oder sie es doch selber so gewollt hätten.

     

    Sollte das zwischen zwei Politikern ausgehandelt werden, wundert mich aber, wozu es denn so viele Abgeordnete mit üppiger Altersverorgung braucht. Leute, tut was für euer Geld! Und es wäre auch besser, als das 2 Personen ohne jeden Sachverstand das da bar jeder gefühlten ernsthaften Verantwortung für die Folgen bei Rentnern aushandeln. die verkaufen doch nur künftige Rennter an private Versicherungen und potentielle Spender der Parteien.

     

    Und natürlich verkaufen die auch mal wieder ihre Parteien mit Mogelpackungen. denn sie verlieren kein Wort darüber, dass sei die Lücke in der gesetzlcihen Rentenversicherung erst eingebrockt haben, damit sie jetzt zu Gunsten privater Versicherungen wieder ausgelöffelt werden darf.

     

    Angesichts dessen, dass die an private Versicherungen gezahlten Beiträge weniger effizient sind als Beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung, äußere ich auch einmal Korruptionsverdacht.

  • K
    kroete

    Ein schönes Paar, das die Medien liebt, was deren Mogelpackung als Abspeisung der Armen nicht besser macht.

    Dieselben Heuchler haben die politischen Rahmenbedingungen ermöglicht, die Erwerbsarmut radikal ausweitet.

    Unser Rentensystem ist gut, allerdings lebt es von Solidarität, also weg mit dem Beamtenselbstbedienungsapparat, der nichts für dieses Solidarsystem leistet, sich 30% mehr Pension von den Niedriglohnarbeitenden abgreift.

    Keine Bemessungsgrenzen mehr für Gutverdienende und Pflichteinzahlungen für Selbstständige.

    Flächendeckende Mindestlöhne, gleiche Löhne für Frauen und Männer, von gleichem Lohn für dieselbe Arbeit redet doch längst niemand mehr.

    Die Gegenrechnung der Subventionen für die armen Arbeitgeber aller Art, wäre auch einmal schön, nicht nur bei den Lohnsubventionen, sondern z. B. auch bei den Energiezuwendungen.

    Ja, Hartz - 4 Empfänger sollen sich da einen Pullover anziehen, während bei Konzernen mit Millardengewinnen der Strom tätsächlich aus der Steckdose kommt.

  • D
    Detlev

    Also ich möchte mal sehen, was mit einem Leiharbeiter passiert, der auf einer Betriebsrente plus Vermögenswirksamen Leistungen bei seiner Verleihfirma besteht. Das gleiche gilt doch auch für die Zeitarbeitsbranche, die sich letztlich auch bis heute um viele Dinge drückt, die in anderen Firmen normal sind. Das ist für viele Unternehmen ja auch der Anlass: Wenn ein Mitarbeiter mit extremen Minigeld von einer Zeitarbeitsfirma kommt, dann ist er besser im Lohn zu drücken und wer niedrig startet, bleibt auch lange billig (läuft gefahr, eine Niedrigrente zu erhalten).

     

    Kurz: Diese SPD-Ideen muss man auch mal auf die praxistauglichkeit abklopfen. Es wäre ja sehr gut, wenn jeder Beschäftigte ein Betriebsrentenmodell nutzen kann, eventuell im Verbund mit vermögenswirksamen Leistungen, aber es werden ja heute schon die Errungenschaften der Vergangenheit immer weniger genutzt bzw. Druck gemacht, dass die Arbeitnehmer sie freiwillig nicht mehr in Anspruch nehmen.

     

    Und dann kommt ja die Frage nach dem Mindestlohn auf. Der müsste schon bei 9,50 EURO aufwärts liegen, damit sich Armut im Alter vermeiden lässt. Und selbst 9,50 EURO pro Stunde sind bei Alleinerziehenden oder alleinverdienenden Vätern oder Müttern nicht ausreichend, um für die Rente vorzusorgen.

     

    In den Papieren stehen nette Dinge, ob sie funktionieren und was wirklich finanzierbar, teuer und zu teuer ist, das verschweigen m.M. die Parteien.

    Die SPD hat das besonders deutlich gemacht, das und dies ist eben nicht finanzierbar, hieß es im TV. Auf Deutsch hießt das: Wir werden die Steuern für die obere Mittelklasse und Oberschicht eben nicht auf ein gerechtes Niveau anheben. Dass ein Teil der Rentenfinanzierung aus Steuermitteln erfolgen soll, bezweifeln weder SPD, noch CDU.

     

    Im Zweifel schützen CDU und SPD die Arbeitgeber, denen man bei Riester die Entlassung aus der paritätischen Rentenfinanzierung geschenkt hat. Bei den Betriebsrenten sind sie wahrscheinlich auch nicht gefordert, weil die SPD ja 400 EURO Steuergelder locker machen will, wobei bei Riester erheblich höhere Steuergeschenke zum Einsatz kommen, die aber eben nicht bei den Niedriglohnbeschäftigten ankommen (können).

  • MH
    Marianne H.

    Dieses gesellschaftliche System pfeift jetzt schon auf dem letzten Loch und es graut mir etwas davor, was passiert, wenn die jetzt herrschende Klasse ihren Status und ihre Pfründe ernsthaft anfängt zu verteidigen (anfangen muss). Der moralische Bankrott ist schon lange erklärt, mal sehen, wann der finanzielle Bankrott zugegeben werden muss.

  • T
    Thorben

    Was ist mit den Pensionen?

     

     

    Lieber DDR....

  • H
    herbert

    Was wurde eingetlich aus der Bürgerversicherung?