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Archiv-Artikel

fundgrube „Design in Berlin!“

Ein Blick auf die aktuelle Szene

Von MIKAS

Für einen raschen Blick auf die aktuelle, freilich etablierte Designszene Berlins lohnt sich ein Besuch der Ausstellung „Design in Berlin! Neue Projekte für eine Stadt im Umbruch“, die anlässlich des „Designmai“ vom Vitra Design Museum Berlin zusammengestellt wurde. Wenngleich es sich bei den Gestaltern der präsentierten Produkte um die „üblichen Verdächtigen“ handelt, sind drei Dinge bemerkenswert:

Erstmals tritt hier die Generation der um die 40-jährigen Architekten und Designer gemeinsam unter dem inoffiziellen Label Berliner Design auf. Diese überwiegend aus dem von „Partner für Berlin“ initiierten Netzwerk „Young Creative Industries“ stammenden Teilnehmer zeigen Arbeiten auch außerhalb ihrer Professionen. Das „Loft Cube“ des Designers Werner Aisslinger muss zweifelsohne unter Architektur subsumiert werden, wohingegen sich die unter dem Namen „realities united“ arbeitenden Architekten Jan und Tim Edler mit ihrem Freiluftstuhl „rein raus“ in den Bereich Produktdesign begeben haben.

Zweitens zeigen die Arbeiten ein Auflösen der klassischen Beziehung zwischen dem Auftraggeber – Industrie oder Bauherr – und dem Formgeber. Oft haben Designer ihre Produktentwicklungen in eigener Regie begonnen, sind die Architekten als Gründer einer Eigentumsgemeinschaft auch gleichzeitig ihre eigenen Klienten gewesen.

Drittens weist die Ausstellung mit dem vollständigen Auslassen der so genannten Kritischen Rekonstruktion auf einen stillschweigenden Richtungswandel in der Berliner Architektur hin. Die einschlägigen Arbeiten – u. a. Wohnbauten von abcarius + burns, Nägeli Architekten und Deadline – lassen für Berlin typische städtebauliche Situationen wie Baulücken oder Wasserlagen nicht außer Acht, doch das bislang gewohnte Sich-Ergehen in Schwarzplänen und Traufhöhen wurde offensichtlich als Charakteristikum einer abtretenden Generation zu den Akten gelegt.

Die Entwicklungen des Designs und auch der mannigfaltigen Randbedingungen unterlegenen Architektur zeichnen sich insgesamt durch individuelle und nicht konforme Initiativen aus. Dass diese Merkmale durch die in Zusammenarbeit mit dem Goethe Institut Inter Nationes produzierte Ausstellung Berliner Gestaltung in aller Welt repräsentieren werden, ist besonders erfreulich. Denn damit nähert sich das Label Berlin wieder dem zupackenden Witz seiner Bewohner an, denen die Bemühungen der letzten Jahre um die Implantation eines Bürgertums immer ein wenig fremd geblieben sind. MIKAS

Bis 22. Juni, Vitra Design Museum Berlin, Kopenhagener Str. 58, Berlin-Pankow, Di.–So. 11–20 Uhr, Fr. 11–22 Uhr; Katalog 7,50 €.