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Des Freimarkts kleine Schwester

■ Am Gründonnerstag eröffnen Innensenator und Feuerwerk die 'Osterwiese‘

„Was die Blütezeit für die Blumen, der Frühling für die Liebe, ist die Osterwiese für die Schaustellerfamilien. Sie ist wie eine Art Frühlingserwachen, zu dieser Zeit erwacht einfach alles....“ Und so weiter, und so fort. Karl-Heinz Fehrensen, Schausteller und Vertreter der „Werbekomission Osterwiese“, ist bei seinen poetischen Ausführungen zum Thema „Die Osterwiese - meine Blütezeit“ kaum zu bremsen.

Seine Schaustellerkollegen lauschen lächelnd („Ach, der Karl-Heinz“) seinen Ausführungen. Nur Marktmeister Wolfgang Ahrens untermauert Fehrensens Poesie höchst prosaisch mit Zahlen: „Die Osterwiese ist für die meisten der Saisonstart. 550 Schausteller haben sich für die Osterwiese beworben, aber wir haben nur 170 Plätze vergeben. Sicher, wir hätten auf der Bürgerweide Platz für alle gehabt, aber das würde so ein langweiliger Brei werden, daß kein Aas mehr kommen würde.„Und so werden viele Schausteller ihre ersten Frühlingsgefühle auf Jahrmärkten wie dem „Heiratsmarkt“ in Bruchhausen-Vilsen erleben müssen. Mit solchen Jahrmärkten möchten die Osterwiesenmacher sich auch messen lassen und nicht

mit dem übermächtigen Freimarkt. Wolfgang Ahrens: „Der Freimarkt ist sooo groß und sooo schön, daß kein Mensch über die Osterwiese redet. Dabei ist die Osterwiese immer noch einer der größten Märkte Norddeutschlands.“ Während der Freimarkt

in der Jahrmarkt - Weltrangliste auf Nummer fünf rangiert und Kampftrinker aus der gesamten Republik schunkelnd ins Bremer Bayernzelt wanken, lockt die Osterwiese höchstens die ein oder andere Daverdener Kleinfamilie nach Bremen.

Wolfgang Ahrens: „Die Osterwiese soll die Familie ansprechen. Sie ist viel gemütlicher, als der Freimarkt. Zumal der Freimarkt viel extremere Fahrgeschäfte hat. Natürlich werden bei uns die Freunde der extremeren Fahrweise auch bedient, aber so eine Achterbahn mit Looping, wo die Familie mit dem Kleinkind einen Horror bekommt, gibt es nicht. Bei uns soll die Familie keine negativen Gefühle bekommen.“ Eine durchaus löbliche Absicht - so denkt auch der Verkehrsverein Bremen, der zum ersten Mal die Osterwiese in der Öffentlichkeit pusht.

Beim Verkehrsverein ist die Hoffnung groß, daß die Osterwiese müde Touristen in die leeren Bremer Hotelbetten zieht. Da macht Ursel Buchtzik vom Verkehrsverein auch nicht vor Ge

schichtsklitterung halt: „Im Jahre 1033 gab der Erzbischof die Genehmigung für zwei Märkte in Bremen. Der eine wurde der Freimarkt und der andere war ein Ein-Tagesmarkt. 1638 wurde der Markt dann in die Woche vor Pfingsten gelegt, auf drei Tage verlängert und bekam den schönen Namen 'Quasimodo geniti‘. Und wenn man es ganz weit herholt, könnte man sagen, daß dieser Pfingstmarkt der Vorgänger der Osterwiese ist.“

Wo noch vor 352 Jahren zahnlose Bauern ihre Felle an den Edelmann brachten und Kinder den krokodilmordenden Kasper anfeuerten, soll nach den Wünschen der Schausteller in einigen Jahren ein Jahrmarkt stehen, der aus dem Schatten des großen Bruders Freimarkt hervortreten kann. Eine Vision, die Marktleiter Wolfgang Ahrens folgendermaßen beschrieb: „Wir wollen, daß der Freimarkt...Ach, Quatsch...Osterwiese .....jetzt fang ich auch schon an...jetzt hab ich den Faden verloren....“

David Safier

Eröffnung am Gründonnerstag, 18.30 Uhr mit Peter Sakuth im 'Riverboat‘. Feuerwerk ab 22 Uhr.

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