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Der virtuelle Willi will den echten Otto

■ Rehhagel „gut vorstellbar“ / Aber: Werder hat einen Cheftrainer

Früher, erklärt Bildungssenator und Ex-Manager Willi Lemke nach seinem einstündigen Internet-Chat, früher hat er auch schon palavert im Netz. Wenn er nicht schlafen konnte, klickte er sich ein paar Mal auf die Werder-Homepage und loggte sich unter dem Namen „Willi Lemke“ in den Quasselraum ein. Das mit dem Namen, das nahm ihm natürlich zuerst niemand ab, sagt er. Wenn er die Mit-Chatter dann doch noch von seiner wahren Identität überzeugt hatte, seien die allerdings „fast ausgeflippt“.

Inzwischen ist Werder-Willi Senator. Wenn er chattet, lässt er heute schreiben – am Montag von einem Mitarbeiter des Internet-Vereins „politik-digital“ im Auftrag des „Stern“ und des Cornelsen Verlags zum Thema Bildungspolitik. Lemke liest die Fragen von „spaceboy“, „hamburgerjung“ oder „sakarus“, die mit einem Beamer an die Behördenwand geschmissen werden, diktiert routiniert druckfrische Politiker-Sätze über die Verbeamtung der Lehrer, darüber, dass er die Orientierungsstufe in Bremen „auf den Prüfstand“ stellen möchte und dass es wichtigere Themen als die Rechtschreibreform gebe.

Richtig taut Willi erst auf, als die letzten zehn Minuten auch die Fußbalfans fragen dürfen, die der Moderator in Berlin offenbar nur mühsam zurückhalten kann. Die Sätze nicht mehr wie vorgestanzt, vergleicht er die Diskussion um das Bundestraineramt mit einem „Komödienstadl“ und attestiert Intimfeind Uli Hoeneß, seine Ausführungen seien ein „trauriger Höhepunkt“ in der Debatte.

Ob Otto Rehhagel nach seinem Abgang in Kaiserslautern jetzt wieder nach Bremen zurückommt, will „H. Wilckens“ wissen. „Ich könnte mir sehr gut vorstellen, seine hohe fußballerische Kompetenz bei uns einzusetzen.“, räsonniert der Senator, „eine Tätigkeit als Chefredakteur kann ich mir jedoch nicht recht vorstellen, denn diese Position ist bei uns mit einem jungen Mann gut besetzt.“ cd

Der Chat ist nachzulesen unter www.politik-digital.de , Link zu „Transkripte“.

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