■ Der urzeitliche Kampf-Flucht-Reflex:: Furchtlose Frauen gesucht
Stockholm (taz) – Mit Hilfe von Zeitungsanzeigen werden derzeit in Schweden furchtlose Frauen gesucht. Wer zwischen 20 und 40 Jahre alt ist und sich beim Karolinska Krankenhaus in Stockholm meldet, auf den wartet eine Mutprobe besonderer Art: Videofilme voller krabbelnder Spinnen und schleimiger Schlangen. Händeringend gesucht werden die tapferen Schwedinnen von ForscherInnen eines Projekts über Schlangen- und Spinnenfurcht. Mats Fredrikson hat seine gruseligen Videos schon Frauen gezeigt, die extrem ängstlich auf diese Tiergattungen reagieren. Jetzt soll der Gegentest mit den Mutigen gemacht werden, die absolut keine Regung bei den Tierbildern zeigen.
Während die Tierfilme gezeigt werden, messen verschiedene Geräte, was sich gerade im menschlichen Gehirn abspielt. Ein Positronemissionstopograph liefert den WissenschaftlerInnen ein dreidimensionales Bild des Gehirns und zeigt, wohin die Blutströme sich auf die Reise machen, wenn das Auge Schlangen- und Spinnensicht meldet. Herausgekommen ist bis jetzt, daß die Auslösung des großen Erschreckens Überreste eines urzeitlichen Kampf-Flucht- Reflexes sind, der willentlich nicht zu steuern ist. Die Versuchspersonen wissen, daß das, was sie sehen, nicht gefährlich ist – können mit diesem Wissen aber gegen den Urzeitreflex nicht anbremsen. Daß nur Frauen in den Test einbezogen werden, erklärt Mats Fredrikson damit, daß es leichter gewesen sei, weibliche Versuchspersonen zu finden, die extrem verschreckt auf die Spinnenbilder reagierten. So kann man zumindest schon eine Zahl über deren Spinnen- und Schlangenphobie nennen: Zehn Prozent sind extrem verschreckt; sechs Prozent leiden an Schlangenphobie, bei vier Prozent machen's die Spinnen. Und: Der Schrecken vererbt sich. Alle, die sich grausen, haben jemand in der Familie, dem es genauso geht. Reinhard Wolff
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