: Der überforderte Plagiator
PLAGIAT I Die Uni Bayreuth bescheinigt ihm, bewusst gefälscht zu haben. Nun rücken auch Parteifreunde von ihm ab. Schuld will sich Guttenberg dennoch nicht eingestehen
VON FELIX LEE
BERLIN taz | Jetzt ist er endgültig als Betrüger entlarvt. Für Exverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) fällt der Abschlussbericht der eigens von der Uni Bayreuth einberufenen Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ noch verheerender aus als erwartet. Die Prüfer kommen zu dem Ergebnis, dass der Vorwurf eines vorsätzlichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens berechtigt ist. Guttenberg habe „die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht“, heißt es in dem rund 40 Seiten langen Abschlussbericht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Der CSU-Politiker hatte am 1. März sein Amt als Verteidigungsminister niedergelegt, nachdem die Uni ihm aufgrund von Plagiatsvorwürfen den Doktortitel aberkannte hatte. Über die ganze Arbeit verteilt fänden sich mehr als 50 Stellen, die als Plagiat zu qualifizieren seien, heißt es jetzt in dem Bericht. Besonders anschaulich sei das bei den verwendeten Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Guttenberg habe sich immer wieder die Autorschaft angemaßt, was bewusstes Vorgehen voraussetzt.
Der Bericht zitiert auch Guttenbergs schriftliche Stellungnahme. Eine mündliche Befragung habe er abgelehnt, heißt es. Guttenberg begründet seine unzureichende Doktorarbeit mit seiner beruflichen und familiären Mehrfachbelastung. Der CSU-Politiker räumte eine „untergeordnete Arbeitsweise“ mit „gelegentlich chaotischen Zügen“ ein. Durch die Übernahme neuer Tätigkeiten sei ihm die „vielfache Arbeitsbelastung“ teilweise über den Kopf gewachsen. Seiner Familie gibt er indirekt Mitschuld, welchem Teil, das bleibt unklar. Diese hätten eine „Erwartungshaltung“ gehabt, dass er die bestehenden Anforderungen erfolgreich bewältigen würde. Auch seinen Doktorvater Peter Häberle habe er nicht enttäuschen wollen. „Ich wollte mir eine Schwäche nicht eingestehen.“ Ein volles Schuldeingeständis machte er aber nicht.
Nun droht Guttenbergs endgültiges politisches Aus. Hatte sich die CSU lange hinter ihm gestellt und insbesondere Parteichef Horst Seehofer eine Rückkehr Guttenbergs nicht ausgeschlossen, rückt seine Partei nun immer mehr von ihm ab. „Ich glaube allen Ernstes, dass man in einer solchen Geschichte mit einem solchen Ergebnis mit solchen Vorgaben nicht davon reden kann, dass man morgen in der Politik wiederkommt“, sagte Bayerns früherer Wissenschaftsminister Thomas Goppel im Deutschlandfunk. Er hält eine Rückkehr des Plagiators in die Politik für unwahrscheinlich. „Das ist im Prinzip vorbei.“ Zugleich erhob Goppel Vorwürfe gegen die Uni Bayreuth. „Ein Doktorvater, der summa cum laude vergibt und die eigenen Textstellen nicht einmal sieht, die da angeblich auch dabei sind, ist jemand, der im Betreuen des Doktoranden nicht genau genug gewesen ist.“ Guttenbergs Doktorvater trage eine Mitverantwortung.
Die Uni Bayreuth wies diesen Vorwurf zurück. Die Kommission habe auch Guttenbergs konkrete Promotionsverfahren untersucht, eine Mitverantwortung des Doktorvaters aber abgelehnt. Nur die Benotung der Doktorarbeit mit dem Prädikat „summa cum laude“ hätte einer ausführlicheren Begründung bedurft. Was die Arbeit so hervorstechend gemacht habe und die Höchstnote rechtfertige, würde aus dem Gutachten des Doktorvaters nicht „genügend“ hervorgehen, heißt es in dem Bericht.