■ Vorschlag: Der dunkle, dampfende Wald: "Das Erbe des Försters", ein Spielfilm
Merkwürdiges geht vor im deutschen Wald. Da buddeln zwielichtige Pimpfe auf einer Lichtung, und fast scheint es, als stünde ihr Anführer, der schurkische Willi Sturzbach (Ulrich Wildgruber) kurz davor, das geheime Versteck des dunklen Erbes zu entdecken. Wenn doch nur der Förster (Matthias Neukirch), einzige Hoffnung gegen die Verschwörung, nicht so verloren in die Zukunft blickte.
Man mag vielleicht nicht ganz durchschauen, worum es in „Das Erbe des Försters“ der HFF-Absolventin Ulrike Klein geht, aber eines ist klar: Es geht um einiges, vielleicht sogar um die Errettung der ganzen Menschheit. Eine seltsam zeit- und ortlose Stimmung, die manchmal fast wie Grafiken komponierten Schwarzweißbilder und der dunkle, dampfende Wald bilden die Welt des verträumten Försters, dieses naivsten aller deutschen Helden. Bei Ulrike Klein wird er zum unbewußten Gegenspieler seines martialischen Berufskollegen aus Ernst Jüngers „Marmorklippen“. Doch „Das Erbe des Försters“ ist kein Metaphernfilm, es geht, wie gesagt, ums Ganze. (Fritz: „Eine große Gefahr bedroht uns.“ Förster: „Ja, ich verstehe, gibt es eine Chance?“)
Ob die Reise von Fritz und dem Förster zur Erkenntnis führt, ist zweifelhaft, denn das goldene Schlüsselchen, mit dem allein man Zugang zur magischen Kraft des dunklen Erbes erlangen könnte, hat der unbedarfte Waldgänger bereits verbaselt. Also macht man sich auf in den Aktenschrank, und von da in die Tiefen der Erde, vielleicht auch in die Triebstrukturen des Försters, der sich von einer dominanten Venus ohne Pelz verwirren ließ. In einer karstigen Landschaft erblickt man wieder Tageslicht. Prinz Eisenherz und Sir Gawain würden hier wundervolle Abenteuer bestehen; oder Winnetou und Old Shatterhand. Kampfentschlossen sind auch Fritz und der Förster, man wünscht ihnen jedenfalls nur das Beste bei ihren wilden Scheingefechten. Deutscher Mythos, deutscher Wald, Förster- und Indianderseelen, ein zünftiges Wirtshaus, verwirrte Triebe und der entschlossene Kampf für das Gute werden in „Das Erbe des Försters“ zum subversiven Heimatfilm. Solange es tapfere Helden wie Fritz und den Förster gibt, darf man die Hoffnung auf was auch immer nicht aufgeben. Katja Nicodemus
„Das Erbe des Försters“, Regie: Ulrike Klein, Freitag, 13.12., 22.30 Uhr, Haus der Wissenschaft und Kultur der Russischen Föderation, Friedrichstraße 186
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen