: Der blinde Hahn
Frauen schauen EM (6): Nur Männer schauen Fußball mit einer Unkenntnis, die sonst Frauen gerne unterstellt wird
Einfältige Männer tun nur so, als interessierten sie sich für Fußball. Clevere Männer kokettieren damit, dass sie sich eben nicht für Fußball interessieren. Nur ich, ich habe tatsächlich keinen Schimmer vom Spiel, fiebere aber bei Dramen leidenschaftlich gerne mit.
Dass die Portugiesen einen „schicken“ Angriffsfußball spielen, die Holländer „zu alt“ oder die Tschechen „technisch überlegen“ sind, das kann ich den ExpertInnen in meiner EM-Stammkneipe nachplappern – nachvollziehen kann ich solche Urteile nicht. Die Mitgucker halten mich für einen Opportunisten. Weil mein Herz immer für die Mannschaft schlägt, die gerade im Rückstand liegt. Wenn ich einen Tipp abgeben soll, überfällt mich Beklemmung. Griechenland gegen Tschechien? „Was weiß ich … 1:0 vielleicht?“, stotterte ich und erntete homerisches Gelächter. Auch sehe ich lieber schöne Torwart-Paraden als schöne Tore. Als ich kürzlich doch mal ein Tor mit hysterischem Triumpfgeheul bejubelte (es war Maniches traumhafter Treffer zum 3:1 gegen Holland), blieb der Rest der Kneipe verdächtig ruhig, weil: Es war die Wiederholung des 2:1.
Ich zog Konsequenzen. Und schaute mir das zweite Halbfinale alleine zu Hause an, trinkend, ohne Ton. Ach, 1:0 für Griechenland? Ihr könnt mich alle mal.
ARNO FRANK