RUDOLF SEITERS, DRK-PRÄSIDENT : Der blasse Staatsmann
■ war Innenminister und bis 2002 Vizepräsident des Bundestages. Seit dem Jahr 2003 ist er DRK-Präsident.Foto: dpa
Rudolf Seiters hat auch sich selbst gefeiert, als er am Freitag im Schweriner Staatstheater eine Festrede zur Wiedervereinigung hielt – zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Deutschen Roten Kreuz (DRK)-Gesellschaften. Mit seinen 73 Jahren kann der Präsident des DRK auf die Vita eines Staatsmannes zurückschauen. Obwohl er es sogar bis zum Bundesminister des Innern brachte, blieb die Person Seiters allerdings blass. Er selbst sagte sogar einmal, dass er an einer Kamera vorbeilaufen könne, ohne dass ihn jemand erkenne.
Dabei wollte der niedersächsische CDU-Politiker nie einer von vielen sein. Seiters Karriere hatte seit seinem Parteieintritt mit 21 Jahren nur einen Kurs: Führen und Lenken. Der gebürtige Osnabrücker fegte durch die Junge Union, erst als Bezirksvorsitzender, kurz darauf als Landeschef. Bereits mit 35 Jahren stieg der Jurist zum Vize der niedersächsischen CDU auf. Obwohl er ein Überflieger war, hob er nicht ab. Seiters ähnelt seinen Wählern zu sehr. Der Wahlkreis Unterems ist ländlich, die Menschen konservativ-bodenständig.
Diese Eigenschaften machten aus Seiters einen hervorragenden Vertrauten Helmut Kohls. Verlässlichkeit ist ein Wort, das der Katholik besonders gerne zu Munde führt. Deshalb wurde Seiters zu einem der wichtigsten Unterhändler mit der DDR. Während des historischen Balkon-Auftritts in der Prager Botschaft stand Seiters wie gewohnt in der zweiten Reihe. Er war sogar so unauffällig, dass man vergaß, ihn zum Balkon-Jubiläum im vergangenen Jahr einzuladen.
Da ist es wie Balsam für die missverstandene Politikerseele, dass er seit sieben Jahren als Präsident vor die Kameras treten darf. Dort, unter dem Dach des DRK, fordert er sogar mal reichlich unkonservative Sachen wie verbesserte Sprachkurse für Migranten oder eine generelle Einreiseerlaubnis für im Ausland lebende Partner. Als Bundesinnenminister im Jahr 1992 hörte er sich noch so an: „Wir müssen handeln gegen den Missbrauch des Asylrechts.“ Und Seiters handelte. Das Ergebnis war der Asylkompromiss, der das Asylrecht verschärfte. Doch an den Drahtzieher erinnert sich heute kaum noch jemand. UTA GENSICHEN