: Der bekennende Schuhbomber
Der Brite Richard Reid wird in den USA als erstes Mitglied von al-Qaida zu lebenslanger Haft verurteilt
Vor gut einem Jahr hat der Mann in Paris ein Flugzeug der American Airlines bestiegen und versucht, es auf dem Weg nach Miami mit einer Bombe in die Luft zu sprengen. Weil er den Sprengsatz in seinem Schuh versteckt hatte, wird der 1,93 Meter große Richard Reid seitdem „der Schuhbomber“ genannt.
Reid wurde im Sommer 1973 im Farnborough-Krankenhaus im Südostlondoner Stadtteil Bromley geboren. Seine Mutter Lesley ist Engländerin, sein Vater Robin stammt aus Jamaica und saß meist im Gefängnis, als sein Sohn aufwuchs. Auch Richard Reid verbrachte eine Weile in Haft, weil er sich als Jugendlicher mit Kleinkriminalität durchschlug und Handtaschen stahl. Im Gefängnis konvertierte er zum Islam und nannte sich fortan Abdel Rahim.
Nach seiner Entlassung besuchte Reid regelmäßig die Moschee im Stadtteil Brixton, die in einem Reihenhaus untergebracht ist. Dort verschaffte man ihm einen Job bei Black Crescent, einem muslimischen Unternehmen. Er produzierte Räucherstäbchen, die am U-Bahnhof Brixton verkauft wurden. Reid veränderte auch sein Äußeres, ließ sich einen Bart wachsen, trug nur noch traditionelle muslimische Kleidung und belegte Arabischkurse. In Afghanistan ließ er sich in Terroristenlagern ausbilden, berichteten afghanische Gefangene, die den Schuhattentäter auf Fotos erkannten.
Abdul Haqq Baker, der Vorsitzende der Brixton-Moschee, predigt allerdings einen orthodoxen Islam, der Terrorismus scharf verurteilt. Baker sagt, Reid sei stets freundlich gewesen: „Er wollte immer helfen und war sehr daran interessiert, die Grundlagen des Islam zu erlernen.“ Reid sei niemals fähig, ein solches Attentat auf ein Flugzeug allein zu planen und durchzuführen, glaubt Baker, sondern müsse Helfer gehabt haben. Wo er allerdings den Sprengstoff herhatte, ist unbekannt. Zwar gestand Reid im vergangenen Oktober seinen Plan, das Flugzeug in die Luft zu sprengen, zwar bekannte er sich zu Ussama Bin Laden, doch über etwaige Helfer schwieg er sich aus.
Besonders gut geplant hatte er seinen Attentatsversuch nicht. Er hatte arabische Musik und ein paar Koranverse im Handgepäck, jedoch nicht mal eine Unterhose zum Wechseln, was den Angestellten der Fluggesellschaft eigentlich hätte auffallen müssen. Auch dass er versuchte, die Zündschnüre, die aus seinem Schuh ragten, in seinem Sitz vor den Augen der Mitreisenden anzuzünden und deshalb von den anderen Passagieren überwältigt werden konnte, deutet nicht auf einen professionellen Terroristen hin.
Abu Hamza, der ehemalige Imam der radikalen Moschee im Nordlondoner Stadtteil Finsbury Park, die vor zwei Wochen von der Polizei durchsucht wurde, sagte denn auch: „Es ist schon sehr komisch, dass der Schuhbomber ausgerechnet von der Brixton-Moschee kommen soll. Die wären die Letzten, die solch eine Tat gutheißen würden. Die sind völlig weltfremd.“
Reid sagte vor dem US-Gericht in Boston, er sei ein Soldat, der sich im Krieg mit den USA befinde, und er bereue nichts. Der Richter William Young erwiderte, Reid sei kein Soldat in irgendeinem Krieg. Er sei ein Krimineller, nämlich ein Terrorist. Das Gericht verurteilte Reid vorgestern zu dreimal lebenslänglicher Haft plus 110 Jahren sowie einer Geldstrafe von zwei Millionen Dollar. RALF SOTSCHECK