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Der angebissene Apfel fault

Beim zweitgrößten Computerhersteller der USA sollen 1.300 Leute gehen. Ursache der schlechten Wirtschaftslage ist Mißmanagement  ■ Aus San Francisco Ingo Malcher

Es war ein Scherz, aber er hat den Nerv getroffen. Vor einigen Tagen erreichte den kalifornischen Computerhersteller Apple via Internet ein Übernahmeangebot von Sony. Der japanische Elektrokonzern wollte pro Aktie doppelt soviel für Apple bezahlen, wie die Papiere derzeit wert sind. Doch der Brief, so stellte sich bald heraus, war gefälscht und wurde niemals von Sony abgeschickt. „Kein Kommentar“, lautete die knappe Stellungnahme von Apple. Das einzige, was die Firma zu verbreiten hatte, war eine Presseerklärung von Sony-Chef Nobuyuki Idei, in der dieser dementiert, ein solches Angebot gemacht zu haben. Seit Monaten gehen Gerüchte um, Apple solle verkauft werden. Sony, IBM und Intel waren als mögliche Käufer im Gespräch.

Kündigungen als erster Sanierungsschritt

Der Hersteller der Macintosh- Computer steckt in der Krise. Vorige Woche präsentierte Apple seine Quartalsabrechnung auf der MacWorld in San Francisco, der größten Macintosh-Messe der Welt. 68 Millionen US-Dollar Miese hat der Mercedes unter den Computern in den vergangenen drei Monaten eingefahren. Im selben Rechnungszeitraum im Vorjahr konnte Apple noch mit einem Nettoprofit von 188 Millionen US- Dollar aufwarten.

Normalerweise war das erste Quartal eines Rechnungsjahres immer das mit den höchsten Gewinnen, weil in der Weihnachtssaison die meisten Computer abgesetzt werden konnten. Doch in diesem Jahr verloren die Nobelrechner in den USA und Japan Marktanteile an die Konkurrenz von Windows und Intel.

Die hohen Verluste nagen an der Gesundheit von Apple. Am Donnerstag legte die Firmenleitung einen Genesungsplan vor. Danach sollen während der nächsten zwölf Monate 1.300 Angestellte entlassen werden. Dies entspricht acht Prozent aller Angestellten weltweit. Apple-Chef Michael Spindler nannte die Entlassungen „den notwendigen ersten Schritt“. Außerdem will Apple seine Geschäftsstrategien ändern. Vor allem dort, wo die Macintosh- Modelle bisher „Klassenbester“ waren, wie „im Bildungsbereich, der Privatwirtschaft und für den Hausgebrauch“ möchte man weiter am Ball bleiben. Das Gütesiegel „Macintosh“ soll dabei das Zugpferd sein.

Rettung verspricht sich Spindler auch vom Verkauf von Lizenzverträgen, damit andere Hersteller ebenfalls Macs produzieren können. Die ersten Mac-Klons aus dem Hause Power Computing sind nicht nur billiger als die Originale. Sie sind auch schneller.

Die Verluste sind das Ergebnis eines turbulenten Jahres für Apple. Ein Topmanager nach dem anderen kündigte während des vergangenen Jahres bei dem kalifornischen Computerhersteller. Selbst Regis McKenna, der Designer des bunten angebissenen Apfels, kehrte Apple nach zwei Jahrzehnten den Rücken.

Das Debakel ist vor allem die Folge einer Kette von Fehlentscheidungen des Managements. Dies zeigt sich daran, daß fast alle Firmen, die Software für den Macintosh herstellen, im selben Zeitraum gute Abschlüsse erzielt haben. Im Konkurrenzkampf gegen Windows und Intel senkte Apple so sehr die Preise, daß die Firma nicht mehr genug Gewinn mit nach Hause nehmen konnte.

Lange hat sich Apple dagegen gesträubt, Lizenzverträge für seine Macs zu vergeben. Dann wurden im letzten Sommer zu wenige der neuen Power PCs produziert, so daß die Nachfrage nicht gedeckt werden konnte. Im Herbst schließlich stoppte Apple die Auslieferung einiger Power Books, weil sie drohten sich zu überhitzen und in Flammen aufzugehen.

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