Der Wochenendkrimi: Rohling mit Köpfchen
Psychkrimi von 1962: Ein Ex-Häftling stalkt einen Rechtsanwalt, der als Zeuge gegen ihn aussagte und treibt ihn zur Selbstjustiz.
Sam Bowden (Gregory Peck), Rechtsanwalt in North Carolina, ist zufrieden. Er hat vor Gericht einen Vorteil für seinen Mandanten erstritten und will heim zu Frau und Kind, da greift so ein Kerl durch das Seitenfenster und zieht den Zündschlüssel ab. „Baltimore. Es ist acht Jahre, vier Monate und dreizehn Tage her“, hilft der Fremde dem Advokaten auf die Sprünge. Zwischenzeitlich saß Max Cady (Robert Mitchum) in Haft, weil Bowden als Zeuge gegen ihn ausgesagt hatte.
Wir wissen bereits um die soziopathische Ader dieses Rüpels. Im Gerichtsgebäude war einer Frau ein Buch heruntergefallen und Cady hatte es nicht aufgehoben. Vom lüsternen Äugen angesichts junger Frauen ganz zu schweigen.
Cady ist ein Rohling mit Köpfchen. Wie zufällig erscheint er immer häufiger in Bowdens Privatleben, stiert ungeniert auf Bowdens 15-jährige Tochter Nancy, macht anzügliche Bemerkungen über dessen Frau.
Der Hund der Familie wird vergiftet. Doch Cady begeht keine erkennbare Straftat.
„Ein Köder für die Bestie“; Samstagnacht, 1.35 Uhr, ZDF
Die Polizei ist willig, aber machtlos. Schritt um Schritt verwandelt sich der idealistische Anwalt Bowden in einen Verfechter von Polizeiwillkür und Selbstjustiz.
Faszinierend dabei, wie Regisseur J. Lee Thompson und Schauspieler Robert Mitchum Cadys Bedrohlichkeit mählich steigern; kühn für das Entstehungsjahr 1962, dass darin eine sexuelle Note mitschwingt. Martin Scorsese, der 1991 ein Remake des sinistren Krimiklassikers anfertigte, wurde in diesem Punkt deutlich; der Brite J. Lee Thompson, der schon als Teenager seine ersten Theaterstücke auf die Bühne gebracht hatte, verstand sich auf subtilere Signale. Dennoch wurde der Film in einigen Ländern gekürzt.
Genrekenner finden hier wiederkehrende Motive des Autors der Romanvorlage, John D. MacDonald. Nicht ausschlaggebend, aber ein zusätzlicher Reiz.
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