piwik no script img

Der Widerstand blieb aus

■ Hamburgs Filmszene weilte vergangenes Wochenende auf der Berlinale – um dort Hamburger Filmpolitik zu diskutieren / Dazu zeigten zwei Hamburger Regisseure ihre Debütfilme

Würde Hamburgs Filmgemeinde in Berlin aus ihrer Mitte ein „Gesicht der Berlinale“ küren, die Miene Jürgen Haases gehörte unbedingt in die engere Wahl. Vergangenen Sonntag, gegen 11.30 Uhr im „Café Einstein“, Kurfürstenstraße, Senatsempfang der Stadt Hamburg. Haase betritt die eleganten Räume, entledigt sich seines Mantels, grüßt gutgelaunt Bekannte – und trifft auf Christina Weiss, Hamburgs Kultursenatorin. Er zögert, einen Wimpernschlag lang nur, aber er zögert. Jedoch, Christina Weiss stand so zentral am Eingang, Haase mußte an ihr vorbei. Und da klärte sich sein kurz erstarrtes Gesicht zum allersouveränsten Lächeln, es wäre eine Kamera wert gewesen. (Wie Christina Weiss sich ihm huldvoll zuwandte, war übrigens auch aller Ehren wert.)

Dem, der weiß, daß die Senatorin den Filmproduzenten Haase gerade aus dem Aufsichtrat der in Gründung befindlichen Filmförderung GmbH ausgeschlossen hat, enthüllt sich in solchen Szenen die hohe Schule der Filmpolitik. Wochenlang hatte Christina Weiss verhandelt, um mit den einzelnen Interessengruppen die Einflußzonen abzustecken. Dann brach sie die Verhandlungen überraschend ab und berief auf eigene Faust die Aufsichtratsmitglieder der GmbH. Auf ihrer Liste fehlte ein Name: Jürgen Haase.

Vor der Berlinale sah es so aus, als wolle die Filmszene ernsthaft Widerstand leisten. Eine Pressekonferenz wurde einberufen. Dann aber meinten die Vertreter des Filmbüros, sie sollten die ihnen eingeräumten Sitze im Aufsichtsrat doch annehmen, schließlich muß man trotz Bedenken darauf achten, den eigenen Einfluß zu sichern. Und als die Vertreter des Norddeutschen Herstellerverbandes es gar nicht für so schlimm befanden, nicht über ihren Vorsitzenden – Jürgen Haase – vertreten zu sein, war klar: Der Widerstand blieb aus. Die Pressekonferenz wurde erst verschoben, dann abgesagt.

Christina Weiss ist mit ihrem Vorstoß also durchgekommen. Der Aufsichtsrat wird kurz nach der Berlinale in der von ihr präferierten Zusammensetzung zum erstenmal zusammentreten, um über die Person des Geschäftsführers zu beraten. Ob diese Zusammensetzung gelungen ist, steht auf einem anderen Blatt. In Hamburgs Filmszene hört man immer wieder die Sorge, der Einfluß des Fernsehens sei in dem Aufsichtsrat überrepräsentiert. Der Vorstand des in Auflösung befindlichen Filmbüros trat in Berlin gar mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit, in der es heißt, im Aufsichtsrat „gibt es insgesamt zu wenig FilmSachverstand und ganz besonders zu wenig FilmKultur. Statt dessen dominieren Behörden und Fernsehinteressen.“

Tatsächlich sind mit Rolf Schübel und Claudia Schröfer nur zwei Vertreter der Hamburger Filmschaffenden vertreten. Ihnen stehen profilierte Fernsehmänner, etwa NDR-Intendant Jobst Plog oder Manfred Lahnstein (der den Aufsichtsratsvorsitz, wie man hört, auch übernehmen soll), entgegen. Man wird tatsächlich genau beobachten müssen, ob unter der Flagge der Filmförderung in Zukunft nicht eine Art erweiterter Fernsehpolitik betrieben wird.

Aber Hamburgs Filmszene präsentierte in Berlin natürlich nicht nur interne Posten- und Konzeptdebatten. Sie zeigte auch, worum es sich allein drehen sollte: in Hamburg produzierte, gedrehte und geförderte Filme. Allerdings vermochten auch sie bislang nicht in allen Aspekten zu überzeugen, immerhin, sie waren interessant.

Dirk Knipphals

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen