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■ Der Weltkonzern Shell beugt sich dem Boykott der BürgerLust auf mehr

Die Brent Spar schwimmt weiter, das ist ein Sieg – ein Sieg der Öko-Underdogs von Greenpeace über einen dreckigen Weltkonzern, ein Sieg der spontan aufmüpfigen Autofahrer über eine unsensible Tankstellenkette und schließlich ein Sieg der ökonomischen Vernunft im Konzern über halsstarrige (britische) Manager.

Solche Siege machen selbstbewußt und Lust auf mehr. Eine Lust, die angesichts des alltäglichen Schulterzuckens vor den Schweinereien dieser Welt dringend not tut. Um so wichtiger ist es, jetzt genau hinzugucken, wie das mit dem Siegen funktioniert.

Wenn ein Konzern eine weithin sichtbare und obendrein offensichtlich unnötige Schweinerei begeht, regen sich Bürgerinnen und Bürger darüber auf. Wenn sie's mitbekommen. Dafür hat in diesem Fall Greenpeace gesorgt. Es hat den Dreck von Shell entdeckt und mit professionellen Teams auch gleich noch die Öffentlichkeit auf ihn gestoßen. Mit Zeitungen, mehr aber noch übers Fernsehen kam der Skandal ins Wohnzimmer und wurde so zur häuslichen Angelegenheit.

Ein Weltkonzern will eine 14.500 Tonnen schwere giftmüllbeladene Stahlinsel einfach absaufen lassen. Die Davids von Greenpeace, die dagegen ankämpfen, werden von den Shell-Söldnern vor laufenden Kameras mit riesigen Wasserkanonen beschossen. Der Konzern bleibt trotz öffentlicher Entrüstung stur und ignoriert den Protest gegen die Versenkung, während Offiziere der Bundesmarine weiter ihre Soldaten anpfeifen sollen, wenn sie eine Cola-Büchse über Bord werfen. Und weil also Große sich offensichtlich mit Wassergewalt herausnehmen, was Kleinen bei Androhung von Strafe verboten ist, steigert sich die Aufregung der Bürgerinnen und Bürger leicht zur Wut. Der Konzern verliert die Kunden, und Greenpeace gewinnt den Meinungsstreit.

Ein erfolgreicher Boykott schafft es, den Sieg in der öffentlichen Meinung praktisch werden zu lassen, der Wut ein Ventil zu geben. Wie bei Shell: Nichts ist einfacher, als spontan an der Shell-Tankstelle vorbeizufahren. Der Stinkefinger aus dem Fenster kostet nichts, die Wut kann zum Schaden des Übeltäters abreagiert werden, und obendrein kann man sich an der Tankstelle der Konkurrenz ausnahmsweise als guter Mensch fühlen.

Zum Sieg durch anderes Konsumieren bieten sich auch andere Produkte an. Wie wäre es mit Bierbüchsen oder Rindfleisch? Wichtig ist, daß wir Kunden den Stoff regelmäßig und schnell brauchen, der Boykott also innerhalb von Tagen für die Firma spürbar wird. Nur so verhelfen Kunden schließlich aufgeschlossenen Marketing-Leuten gegen sture Manager zum Sieg. Wie bei Shell. Hermann-Josef Tenhagen

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