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Archiv-Artikel

Der Weg in die Grube

LÜNEBURG taz ■ Es war ausgerechnet der Betriebsrat der Grube Konrad, der Anfang der Siebzigerjahre auf die Idee kam, in dem erschöpften Eisenvorkommen doch ein Endlager für Giftmüll einzurichten. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig, die zum Teil später im Bundesamt für Strahlenschutz aufging, nahm diese Idee auf und wandelte sie ein wenig ab: Auf seine Eignung für die Endlagerung von Atommüll wurde Schacht Konrad seit Mitte der Siebzigerjahre untersucht.

1982 wurde dann das Planfeststellungsverfahren eingeleitet mit dem Ziel, in dem ehemaligen Bergwerk eine Deponie für schwach Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle zu errichten – landläufig auch schwach- und mittelaktive Abfälle genannt.

Fast 900 Millionen Euro sind bereits in die Untersuchung, die Aufrechterhaltung des Grubenbetriebs in Konrad und nicht zuletzt in das schier endlose Genehmigungsverfahren geflossen, dass erst nach zwanzig Jahren zum Abschluss kam. An der Verzögerung des Verfahrens waren seinerzeit niedersächsische Landesregierungen ganz unterschiedlicher Couleur beteiligt. Richtig Druck auf die niedersächsische Landesregierung übte der Bund aber erst aus, als 1990 Rot-Grün in Hannover ans Ruder kam. Danach kamen immer wieder bundesaufsichtliche Weisungen zu Schacht Konrad.

Als 1992 die Planunterlagen öffentlich einsehbar waren, erhoben über 290.000 Bürger Einwände. Die Genehmigung erteilte das niedersächsische Umweltministerium erst zehn Jahre später. Ob es überhaupt einen Bedarf für ein separates Endlager für schwach Wärme entwickelnde Abfälle gibt, durfte es auf Weisung des Bundes nicht untersuchen.

Der Ausbau von Konrad zum Endlager würde nach Angaben des BfS noch einmal 839 Millionen Euro kosten. In der Grube könnten dann bis zu 303.000 Kubikmeter Abfälle untergebracht werden. Umweltminister Gabriel fürchtet, dass er das von den AKW-Betreibern für die Untersuchung des Endlagers bereits vorgeschossene Geld zurückzahlen muss, wenn er einer rechtskräftigen Konrad-Genehmigung keinen Endlagerbau folgen lässt.

Die Kläger hatten vor Gericht Gefahren durch den Transport zum Endlager, durch Störfälle und durch gezielte terroristische Angriffe geltend gemacht und auch die Langzeitsicherheit des Endlager in Zweifel gezogen. Schacht Konrad würde sich nach der Einlagerung nämlich mit Wasser füllen und die Radioaktivität sich langsam im Untergrund ausbreiten. Modellrechnungen sollen beweisen, dass an der Erdoberfläche dadurch keine Strahlengrenzwerte überschritten werden. Sie stammen allerdings aus den Achtzigerjahren.

Bei Umweltschützern und AKW-Gegnern stieß das gestrige Urteil natürlich auf Kritik. Der Nabu bezeichnete es etwa als leichtfertig und unangemessen. Der BUND forderte Gabriel auf, die Inbetriebnahme des Endlager noch zu verhindern. Umso größer war die Freude beim Deutschen Atomforum und im mittlerweile von FDP-Politiker Hans-Heinrich Sander geführten niedersächsischen Umweltministerium. JÜRGEN VOGES