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■ Der Vatikan beschneidet die Machtstellung der BischofskonferenzenVereinzelt sind sie schwach

Wenn Rom sich räuspert, zittert die katholische Christenheit. Denn meistens haben die päpstlichen Schreiben nur ein Ziel: die Stellung der römischen Zentrale zu stärken und die Gläubigen, Priester und Bischöfe an der katholischen Basis desto fester an die Kandare zu nehmen, je mehr sie vorsichtig Reförmchen wagen. Das war so bei der Laieninstruktion, die die Unterordnung des nichtgeweihten Fußvolks unter den Klerikerstand zementierte, das war so beim Machtwort zum Ausstieg aus der deutschen Abtreibungspolitik, und das war so beim päpstlichen Schreiben „ad tuendam fidem“, das vor wenigen Wochen den Maulkorb für katholische Theologen noch fester zog und die Diskussion um Fragen wie etwa die der Zulassung von Frauen als Priesterinnen untersagte.

Nun stutzt die päpstliche Verwaltung die Bischofskonferenzen der Länder zurück. Einerseits dürfen die Versammlungen aller katholischen Bischöfe eines Landes kein „Filter oder Hindernis“ zwischen Rom und den einzelnen Ortsbischöfen sein, andererseits wird die Stellung der einzelnen Oberhirten gegenüber dem Kollektiv gestärkt. Damit greift der Vatikan das Instrument an, mit dem sich die Bischöfe gerade Deutschlands, der Schweiz und Österreichs, aber auch etwa der USA in der Vergangenheit vorsichtig kritisch gegenüber Rom und der Politik ihrer Länder geäußert haben. Denn nur gemeinsam finden die Oberhirten den Mut, anders zu reden als vom Vatikan vorgegeben. Durch eine Schwächung der Bischofskonferenzen rechnet Rom mit einem Mehr an eigener Macht und einem Weniger an Widerspruch. So hat etwa das Wort des Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, gegenüber Rom und der deutschen Öffentlichkeit großes Gewicht, weil er durch seine Amtskollegen legitimiert ist. Die Meinung des Mainzer Bischofs Karl Lehmann dagegen interessiert weit weniger.

Die Schwächung der Bischofskonferenz könnte gerade in umstrittenen Fragen wie etwa der Abtreibung zum Ende einer gemeinsamen Linie führen. Dem Beispiel des konservativen Bischofs Dyba von Fulda zum Ausstieg könnten andere folgen. Die Einheit, lange Zeit das höchste Gut der Bischofskonferenz, wäre zum Teufel. Der Durchgriff Roms in die Bistümer würde einfacher, die Stimme der katholischen Kirche in der Gesellschaft geschwächt. Die konservative Fraktion im Vatikan triumphiert. Wieder einmal hat sie einen konservativen Pflock eingeschlagen, hinter den der nächste Papst – und sei er noch so liberal – nur mit großer Mühe zurückkann. Bernhard Pötter

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