■ Der US-Senat und das Waffenembargo gegen Bosnien: Do it, Uncle Sam!
Für die einen ist es eine Schreckensnachricht, für die anderen Grund zur Freude. Denn daß der Senat der Vereinigten Staaten den Präsidenten auffordert, das Waffenembargo gegen Bosnien aufzuheben, wird auch hierzulande die innenpolitische Debatte über Bosnien schüren. Und wieder wird dabei zu entdecken sein, daß jene, die scheinbar den Frieden wollen, wissentlich (wie die Macher der Zeitschrift Konkret) oder aus, gelinde gesagt, politischer Kurzsichtigkeit (wie der Bundesvorstand der Grünen oder der SPD- Flügel um Peter Glotz) im Resultat nur das Mordhandwerk der serbischen National-Sozialisten unterstützen.
In der öffentlichen Diskussion in den USA ist diese Debatte glücklicherweise entschieden. Dort wird jetzt mehrheitlich akzeptiert, daß die angegriffene Bevölkerung in Bosnien endlich die Möglichkeit haben muß, sich zu wehren. Wenn die internationale Gemeinschaft trotz der Ausrufung von Schutzzonen nicht in der Lage ist, dem Erobern von Terrain und dem Vertreiben von Menschen ein Ende zu setzen, muß man, so die Einsicht in den USA, der bosnischen Armee die Möglichkeit geben, die Bevölkerung effektiv zu verteidigen. Hinzu kommt, daß in den USA wie in den Ländern Europas die Mehrheit der Bevölkerung den Kriegseinsatz eigener Bodentruppen ablehnt. Es gibt also keine andere Wahl als die Aufhebung des Embargos; es sei denn, man nimmt in Kauf, was das erklärte und praktizierte Ziel der serbischen Rechtsradikalen ist: Bosnien in Stücke zu hacken und die nichtserbische Bevölkerung mit Gewalt und Mord aus den eroberten Gebieten zu vertreiben.
In Sarajevo, Zenica, Bihać und Tuzla würde die Nachricht von der Aufhebung des Waffenembargos bejubelt werden. Doch noch sind Widerstände der Serbien unterstützenden Staaten in der Nato zu überwinden: Die Drohung der französischen Regierung, in diesem Falle ihre UNO-Truppen zurückzuziehen, schreckt zwar die bosnische Bevölkerung nicht, könnte aber, wie auch die schroffe Ablehnung der amerikanischen Vorschläge durch den britischen Außenminister, die Entscheidungsfindung in der Nato verzögern. Nach den zuletzt in Goražde gemachten Erfahrungen mit den Lügen Karadžićs dürfte hingegen die russische Regierung der Aufhebung des Waffenembargos kaum mehr ernsthaft im Wege stehen. Angesichts der fortdauernden serbischen Angriffe auf Bihać und die Region Tuzla drängt erneut die Zeit. Do it, Uncle Sam, gib den Bosniern die Möglichkeit, sich zu verteidigen. Dies bedeutete die Wende in einem Krieg, in dem die bosnische Bevölkerung die positiven Werte der westlichen Zivilisation teilweise gegen die Einflußsphärenpolitik einiger westeuropäischer Staaten und die politische Dummheit und Herzenskälte einiger sogenannter Friedensfreunde alleine verteidigen muß. Erich Rathfelder
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