■ Der US-Angriff auf den Irak nutzt Clinton – und Saddam: Zwei Männer in einem Boot
Irgendwie sitzen Saddam Hussein und Bill Clinton in einem Boot. Durch die US-Angriffe auf den Irak haben beide verloren: Saddam Hussein ein paar Luftabwehrgeschütze samt Personal (letzteres dürfte den Diktator weniger stören) und die Aussicht auf baldige Erdölexporte – Clinton eine Reihe ehemaliger Golfkriegsalliierte, die den nach Wildwestmanier geführten Angriff nicht legitimieren wollten und den USA eine Schlappe im UN-Sicherheitsrat bereiteten.
Mit internationalem Recht sind die Angriffe nicht zu legitimieren. Saddam Hussein schickte Bodentruppen in eine Flugverbotszone – streng genommen wurde sie also nicht verletzt. Eine echte „Schutzzone“ für die irakischen Kurden existiert entgegen anderslautenden Behauptungen leider nicht. Übrigens kümmerte es die US-Regierung bisher wenig, daß irakische Truppen regelmäßig auf dem Boden der südlichen Flugverbotszone gegen Schiiten wüten.
Die Behauptung, der irakische Angriff auf die kurdische Hauptstadt Arbil habe sich gegen die Menschenrechte der Kurden gerichtet, ein Gegenschlag sei also durch die UN-Resolution 688 gedeckt, wird durch den Umstand entkräftet, daß ausgerechnet die größte irakisch-kurdische Organisation die irakischen Truppen angefordert hat. Zudem ist in der UN-Resolution nicht davon die Rede, daß sie mit militärischer Gewalt durchgesetzt werden soll – ein Umstand, den die irakische Opposition bisher immer beklagt hat.
Bleibt nur das moralische Argument, Saddam gehöre auf die Finger geklopft. Der britische Nahostspezialist Robert Fisk hat, dieses Argument beherzigend, nach den US-Angriffen konsequent gleiche Standards für alle Despoten der Region gefordert. Sein Vorschlag: ein mehrwöchiges Flächenbombardement des Nahen Osten.
Doch trotz ihrer Niederlage haben beide Kontrahenten auch gewonnen – innenpolitisch. Clinton, weil er gezeigt hat, daß er zuhauen kann wie ein echter Republikaner. Das bringt Wähler. Saddam, weil er die USA immer noch provozieren kann. Ganz nebenbei hat er die aufmüpfigen Kurden weiter geschwächt und einige hundert Regimegegner um die Ecke bringen lassen. So helfen sich beide beim Machterhalt – sie sitzen in einem Boot. Thomas Dreger
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