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Der Traum von der KernfusionErstmals positive Energiebilanz

US-Wissenschaftler vermelden einen wichtigen Erfolg bei der Kernfusion: Zum ersten Mal gelang es mehr Energie zu gewinnen als in den Brennstoff hineingesteckt wurde.

Fusions-Experiment im US-Labor: Mit Laserstrahlen wird die Kernfusion in der winzigen Brennstoffkugel ausgelöst. Bild: dpa

PARIS afp | Die Wissenschaft ist ihrem Traum von der Erschaffung von Energie durch Kernfusion einen kleinen Schritt näher gekommen: Wissenschaftlern in den USA gelang es nach eigenen Angaben erstmals, in zwei Fällen eine Kernfusion herbeizuführen, bei der weniger Energie in den Brennstoff hineingesteckt wurde als am Ende dabei herauskam.

Aus ihrer am Mittwoch im Fachmagazin Nature veröffentlichten Studie geht allerdings ebenfalls hervor, dass die so gewonnene Energie noch sehr gering ist und zuvor hohe Energieverluste bestehen.

Die Kernfusion ist der umgekehrte Prozess zur Kernspaltung, wie sie in Atomkraftwerken angewandt wird, um Energie zu gewinnen. Nach Ansicht vieler Experten wäre die kontrollierte Kernfusion die ideale Art der Energiegewinnung, denn es gibt genug Rohstoff dafür, es fallen angeblich langfristig keine radioaktiven Abfälle an, und die Kraftwerke sollen vergleichsweise sicherer sein. Laut Max-Planck-Institut könnte ein Gramm Brennstoff in einem solchen Kraftwerk 90.000 Kilowattstunden Energie erzeugen.

Trotz jahrelanger Forschung gelang es den Wissenschaftlern bisher aber nicht, eine Kernfusion herbeizuführen, bei der mehr Energie herauskam als hineingesteckt wurde. Das Problem: Um eine Kernfusion zu schaffen, sind extrem hohe Temperaturen von mindestens hundert Millionen Grad nötig und ein extrem hoher Druck von außen. Solche Bedingungen bestehen zum Beispiel im Inneren von Sternen, wenn zwei Wasserstoff-Atome dort zu einem Helium-Atom verschmelzen.

Auf der Erde haben sich die Wissenschaftler entschieden, zwei Wasserstoff-Isotopen zu verschmelzen: Deuterium und Tritium, deren Reaktion ebenfalls Helium hervorbringt. Bisher war der Energieaufwand dafür aber immer deutlich höher als der Energiegewinn.

Im September und November gelang es nun Wissenschaftlern des staatlichen US-Labors National Ignition Facility (NIF) in Kalifornien, durch die Hitze von 192 Lasern eine Kernfusion herbeizuführen, bei der etwas mehr Energie entstand als zuvor in den Brennstoff hineingesteckt wurde.

Ein bescheidenes Ergebnis

Zwar kam dabei lediglich so viel Energie wie in zwei AA-Batterien (höchstens 17.000 Joule) heraus und der Vorgang dauerte auch nur weniger als eine Milliardstel Sekunde. Außerdem hatten die Forscher am Ausgangspunkt des Systems die Energie einer Autobatterie hineinstecken müssen.

„Wir müssen eine hundertfach bessere Leistung erreichen, bevor wir an den Zündpunkt kommen“, räumte Forschungsleiter Omar Hurricane vom NIF ein. Gemeint ist der Punkt, an dem die Atomreaktion sich dauerhaft selbst trägt. Das Ergebnis wirke bisher „bescheiden“ und das sei es auch, sagte Hurricane. „Aber wir sind dem näher gekommen als irgend jemand anderes vorher.“

In Frankreich soll im Forschungsreaktor Iter in Cadarache versucht werden, die Kernfusion durch riesige Magnetfelder herbeizuführen. Andere Projekte, wie das des NIF, setzen auf starke Laserbombardierung der Atomkerne, die in einem winzigen Gefäß sind, um darin in sehr kurzer Zeit einen immensen Druck zu erzeugen.

Aus dem Basketball wird eine Erbse

„Wir legen die Kapsel mit dem Brennstoff in eine zylindrische Dose von einem Zentimeter Länge, dann schießen wir mit Laserstrahlen auf die Öffnung (...), um die Kernfusion auszulösen“, erläuterte Physikerin Debbie Callahan vom NIF. Durch den Beschuss wird die Kapsel 35 Mal kleiner, „so als ob man das Experiment mit einem Basketball starten und mit einer Erbse beenden würde“. Die Kapsel implodiere schließlich, der Brennstoff falle in sich zusammen und fusioniere.

Trotz des Erfolgs bleiben noch riesige Aufgaben zu bewältigen, bevor Energie in einer industriellen Größenordnung durch Kernfusion erzeugt werden kann. „Wir können ehrlich nicht sagen, wann der Zündpunkt erreicht werden wird“, räumte Hurricane ein.

Und Callahan fügt hinzu, angesichts der Tatsache, dass nur rund ein Prozent der Energie, die in die Laser gesteckt werde, derzeit im Brennstoff tatsächlich ankomme, gebe es noch „eine große Steigerungsspanne“.

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5 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Eine Milliardstel Sekunde lang den Ofen am Laufen gehalten. Und das nach wievielen Jahrzehnten Fusionsforschung? Die Wissenschaft wird unsere Energieprobleme lösen. Darauf ist Verlaß!

  • J
    jochen

    Wurde die chemische

    Energie der manuell

    Werktätigen und des Kontrollpersonals während des Versuchs mit einbezogen oder das Energieäquivalent, wenn

    der Betrieb automatisiert

    abliefe?

  • J
    jochen

    2 AA-Batterien- das ist eine sehr technische Umschreibung

    für 2* 1,5V Batterien!

    Die gibt es mindestens im 5-er Pack an jedem Supermarkt zu kaufen!

    Bei der gewaltigen Anlage, die benutzt worden ist, dem Energieaufwand zur Herstellung

    dieser Kugel und den Energieaufwand zur Herstellung von Deuterium und Tritium, den sonstigen (technischen und zufälligen) Meßungenauigkeiten,

    ist es fraglich ob die Energiebilanz wirklich positiv ist!

    Der Energieerhaltungssatz

    wird nicht so leicht zu überlisten sein.

    Berücksichtigt man die Energiekosten zum Austausch und

    Neuerstellung

    der Verschleißkompoenten bei den Laseranlagen bezweifele ich die These der positiven Energiebilanz.

    Damit das Ergebnis valide ist, müßte es mehrfach verifziert werden und die Auswechselung

    von Teilen energetisch berücksichtigt werden.

  • P
    Physiker

    Auch bei der Kernfusion gibt's die Strahlungsproblematik im Betrieb, den Müll hinterher und das Problem der großen Einheiten ... schade, dass da so viel Geld rein fliesst, wo wir doch eigentlich Energie im Überfluß hätten, würden wir diese mit Intelligenz und Technik nutzen.

  • D
    dave

    DAs wird die Zukunft sein, Windenergie und Sonnenenergie sind ganz nett aber ohne Zukunft.