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Archiv-Artikel

Thimothée Atouba, Ex-Publikumsliebling Der Sündenbock

Von jank

HSV-Außenverteidiger Thimothée Atouba schleppte sich beim 3:2 Sieg gegen ZSKA Moskau über den Platz wie ein angeschossener Wasserbüffel. Er verursachte den Elfmeter zum 0:1. Und bei Zhirkovs Sturmlauf zum 1:2 zog der frisch verwarnte Atouba als letzter Mann den Fuß zurück.

Ab da pfiffen die Fans den Ex-Publikumsliebling bei jeder Ballberührung aus. Nach zwei Minuten zeigte der den ersten Stinkefinger Richtung Tribüne. „Auswechseln!“, signalisierte er und wurde von Trainer Thomas Doll erhört. Den Abgang wird man beim HSV nicht so schnell vergessen: Gereckte Mittelfinger in alle Richtungen, Schubser gegen Co-Trainer Zumdick – und am Schluss eine Rote Karte. Atouba zeigte dorthin, wo sonst die Armbanduhr sitzt, als wollte er sagen: „Meine Zeit hier ist abgelaufen.“

Der bullige Ballkünstler wurde über Wochen systematisch zum Sündenbock für die HSV-Misere aufgebaut. Mit den Worten: „Wenn er dreimal die Linie hoch und runter läuft, will er mehr Geld“, desavouierte Sportchef Beiersdorfer seinen Spieler öffentlich, als der eine vorzeitige Vertragsverlängerung ablehnte. Seitdem hat der Boulevard ihn als „Abzocker“ zum Abschuss freigegeben.

Dabei ist eine andere Lesart durchaus möglich: Wie seine Kollegen van der Vaart und Kompany musste Atouba immer wieder verletzt spielen. Dass er so keine Top-Leistungen bringen konnte, war klar. Und dass er Pfiffe aus dem Publikum sehr persönlich nimmt, war spätestens bekannt, nachdem er vor ein paar Wochen sagte: „Wenn das Publikum uns nur bei gutem Fußball unterstützen will, dann müssen die Fans zu Werder gehen“ – eine Todsünde unter echten HSVern.

Nun muss Atouba sich schon wieder bei den Fans entschuldigen. Dass das noch etwas nützt, darf bezweifelt werden. Der HSV hat ihn zwar „nur“ für die letzten beiden Hinrundenspiele gesperrt und mit einer Geldstrafe belegt. Aber vieles spricht dafür, dass der Verein einen Rauswurf nur vermeidet, um die Ablösesumme in vertretbarer Höhe zu halten. Atouba wäre der perfekte Sündenbock, an dem die Clubführung zeigen könnte, dass sie sich von den Profis nicht auf der Nase herumtanzen lässt. jank