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■ Der Sänger von der Moldau hörte Schritte in der WohnungGott schießt auf den Kronleuchter

Prag (taz) – Jirka liest nichts anderes als Prags kommunistische Gazette Rudé právo. „Die wahrhaft wichtigsten Dinge des Lebens“, sagt er, „sind dort kurz und präzise zusammengefaßt.“ Man kann sich darauf verlassen, daß immer dann, wenn Jirka so etwas sagt, der Griff zur Rudé právo Gold wert ist. Neulich war wieder so ein Tag, an dem die Neuigkeiten überwältigend waren.

Zunächst einmal schrieben die tschechischen KollegInnen, daß die Präsidentengattin Olga Havel so schusselig durch die Burg lief, daß sie stolperte und sich dabei den Arm brach. Dann war zu lesen: Oberbürgermeister Jan Koukal ist ein Dilettant, wie er im Buche steht, weil nur 55 Prozent der Wettervorhersagen in seiner Stadt stimmten. Außerdem wies das Blatt seine LeserInnen darauf hin, daß in einer Nacht in der Tschechischen Republik 571 betrunkene Autofahrer geschnappt wurden. Und dann gab es noch die Nachricht: Immer mehr Prager Schülerinnen und Schüler greifen zum Joint.

Richtig frappierend war allerdings nur die Topnews: Einbruch bei Karel Gott. In den frühen Morgenstunden hörte der schmalzige Sänger von der Moldau Schritte in seinem Haus. „Ich wußte sofort“, sagte Karel, „daß es Einbrecher waren.“ Worauf Gott irres Muffensausen bekam und nur an eins denken konnte: „Den Banditen nur nicht ins Messer laufen.“ Man kennt ähnliche Situationen aus dem Vorabendprogramm im Fernsehen: Opfer rast panisch durchs Badezimmer Richtung persönliches Versteck, greift zum Gewehr, lädt und schießt. Und so machte es auch Karel.

Gott sei Dank gab es kein Blutbad: Er schoß am Kronleuchter vorbei unter die Decke. Worauf dann einer der Schurken ebenfalls Fracksausen bekam, fluchtartig die Sängerresidenz in Prag-Smichov verließ. Bei dem anderen überwog die Habgier vor der Angst, er ließ noch einige der wertvollen Malereien des tschechischen Weltstars mitgehen.

Wertvoll deshalb, weil Gotts Fans mittlerweile 100.000 Mark für seine Bilder berappen. Insbesondere die deutschen. Der Mann, der mit salbungsvollen Gesten, gekräuselter Stirn und treuseligem Hundeblick unseren Großmüttern stets Glanz in die Augen trieb, der 23 Millionen Schallplatten verkaufte, niemals verheiratet war und Vater zweier Mädchen ist, sagt von seiner Malerei: „Die Linie ist die Melodie, und das Gemisch der Farben ist die Harmonie.“ Und weil Gott das mit einer so esoterischen Nonchanlance sagt, lullt er auch die weniger betuchten Anhänger ein: Sie kaufen seine Bilder als Kalenderkopien.

Von dem Schock wegen der Dreistigkeit einmal abgesehen, dürfte der Sänger und Maler durch die Operation Einbruch keinen größeren Schaden davongetragen haben. Ohnehin hat er in einem Interview mit Prague Post bereits verlauten lassen: „Ich habe alles, was ich will. Ein schönes Auto, hübsche Sachen zum Anziehen und tolle Möbel.“ Damit habe er sich einen kreativen Freiraum geschaffen und könne malen, malen und malen. Der „Goldenen Stimme von der Moldau“ (1965) werden also „Goldene Aquarelle“ folgen.

Inspiriert wird Gott auch von der Liebe. „Ich hatte viele schöne Frauen in meinem Leben.“ Karel meint das Sängerleben, nicht die Zeit, in der er noch als Elektromechaniker Kabel verlegte. Es gehe nicht um Sex, sondern darum, daß die Damen seine Musik und Malerei verstehen. In wenigen Tagen dürften Gotts Werke noch einmal im Wert steigen. Dann feiert er nämlich seinen 55. Geburtstag. Rudé právo ist bestimmt dabei. Und Jirka wird's lesen. Tomas Niederberghaus

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