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Der Parteisoldat hat ausgedient

Andrej Gromyko verlor auch seinen Posten als Staatschef  ■ P O R T R Ä T

Ganz gerührt soll er gewesen sein, als er am Samstag mittag das Rednerpult verließ. Der große alte Mann der sowjetischen Außenpolitik, der79jährige Andrej Andrejewitsch Gromyko, war auch bei seinem letzten Auftritt vor dem Obersten Sowjet ganz Diener der Partei. Noch einmal betonte er seine Loyalität - dem Mann gegenüber, der offenkundig gerade seine Abwahl betrieben hatte. „Mein Dank“, so drückte er sich in seinem Schlußwort aus, „gebührt Michail Sergejewitsch Gorbatschow für die herzlichen Worte, die er für mich fand. Ich bin davon gerührt. Ich bin fest davon überzeugt, daß der Kurs der revolutionären Umgestaltung des gesamten Lebens der einzig richtige und wissenschaftlich fundierte ist.“

Gromyko, der sowohl von seinem Sitz im Politbüro wie auch als Staatschef („Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjet“) zurücktreten mußte, ist immer ein bescheidener Mann geblieben. Ihm umgibt zwar nicht die Aura der alten Garde der Partei, doch in seiner Person verkörpert er noch die revolutionäre Unbestechlichkeit, die unverbrüchliche Verbundenheit mit der Partei, deren Wohl über alle persönlichen Ambitionen und Meinungen geht. Der Bauernsohn aus dem weißrussischen Dorf Staryje Gromyki - Grom heißt Poltern oder Donner - machte seinem Namen später oft genug alle Ehre. Er wurde 1931 Parteimitlied und schon 1939, mit 30 Jahren, stieg er zum Berater der sowjetischen Botschaft in Washington auf. Und das in einer Zeit, als Stalin angeblich „Trotzkisten“ in die Gefängnisse und vor die Exekutionskommandos trieb. In Stalins Schatten nahm er an den Konferenzen von Jalta und Teheran teil, als stellvertretender Außenminister vertrat er dann von 1946 bis 1948 die Sowjetunion im Weltsicherheitsrat. Unter Chrutschtschow wurde er 1957 Außenminister und blieb auf diesem Posten bis 1985, fast 28 Jahre lang.

„Wenn ich ihm sage, er soll sich mit heruntergelassenen Hosen auf einen Eisberg setzen, dann wird er es tun und dort eher anfrieren, als daß er sich vom Fleck rührt“, charakterisierte ihn einmal Nikita Chruschtschow. „Mister Njet“, wie Gromyko in seinen UNO-Zeiten genannt wurde, hat mit seinem Parteigehorsam immerhin fast fünf Parteiführer Stalin, Chruschtschow, Breschnew, Andropow und Tschernenko überdauert. Die Zeichen der Zeit erkannte er auch nach Tschernenkos Tod und unterstützte Gorbatschows Wahl zum Generalsekretär. Dennoch blieb er die Symbolfigur für eine Haltung, die in der Sowjetunion (Michail Gorbatschows) keinen Platz mehr hat. Die neuen Leute müssen wendig sein, dynamisch, sich auf neue Konstellationen einstellen, die Reformpolitik vorwärtstreiben und eigene Gedanken entwickeln. Der Perestroika kann das selbstlose Dienen an der Partei nicht mehr genügen. Gromykos Nachfolger als Außenminister, Eduard Schewardnadse, verkörpert diesen Typus, der bald alle Spitzenpositionen besetzen soll.

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