: Der Osten und die Krise
Osteuropa fühlt sich in der Krise alleingelassen. EU-Währungskommissar Joaquín Almunia mahnt, die Länder müssten ihre Staatsfinanzen schnell in Ordnung bringen
BRÜSSEL taz ■ Anfang Mai soll in Prag die „Östliche Partnerschaft“ der Europäischen Union aus der Taufe gehoben werden. Analog zur Mittelmeer-Union will sie die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Ukraine, Weißrussland und der Kaukasus-Region stärken, aber auch Demokratie und Menschenrechte fördern.
Von der Wirtschaftskrise sind diese Länder besonders hart betroffen. Denn ihre wichtigsten Handelspartner, Russland und die östlichen EU-Länder, haben kein Geld mehr für Importe. Deshalb kommt auch der Krisenfonds für Osteuropa, den der EU-Gipfel voraussichtlich aufstocken wird, diesen Ländern indirekt zugute. 25 Milliarden Euro sind bislang in dem Topf, der für EU-Mitglieder bestimmt ist, die der Eurozone nicht angehören. Lettland und Ungarn haben daraus bereits Zuschüsse erhalten.
Dennoch wird der Ton zwischen Ost- und Westeuropäern schärfer. Die neuen EU-Länder fühlen sich in der Krise alleingelassen. Da nützt es wenig, dass Währungskommissar Joaquín Almunia bei einer Veranstaltung zum fünften Geburtstag der EU-Erweiterung in Erinnerung rief, wie sehr sich die EU bereits für die Neulinge eingesetzt hat.
Sieben Milliarden Euro werden sie 2009 allein aus Struktur- und Kohäsionsfonds erhalten. Die Europäische Investitionsbank wird in diesem Jahr Kredite im Umfang von 11,5 Milliarden Euro gewähren – das sind 3,3 Milliarden mehr als im vergangenen Jahr.
Die unterstützten Länder, so mahnte Almunia bei der Veranstaltung in Prag, müssten ihre Staatsfinanzen rasch wieder in Ordnung bringen. Dass sie dazu in der Lage seien, hätten sie in den vergangenen fünf Jahren bewiesen.
Alle bis auf Ungarn hätten zwischen 2004 und dem Ausbruch der Krise ihre Neuverschuldung unter 3 Prozent gesenkt. Die Botschaft aus Brüssel an die schwer gebeutelten Neumitglieder lautet also: Wir lassen keinen hängen, aber wir entscheiden jeden Einzelfall neu.
Die ständig wiederkehrende Frage von Journalisten aus Osteuropa, ob nicht Polen oder Bulgarien rasch in die Eurozone aufgenommen werden könnten, beantwortet Almunias Sprecherin mit stoischer Gleichförmigkeit: Bislang habe kein Land die Aufnahme beantragt.
Außerdem seien die vorgeschriebenen zwei Jahre Wartezeit, in denen die Landeswährung sich als stabil gegenüber dem Euro erweisen muss, nicht das einzige Kriterium. Der Kandidat müsse auch ausgeglichene Staatsfinanzen und stabile langfristige Zinssätze vorweisen können. Das aber kann derzeit keines der östlichen EU-Länder.
DANIELA WEINGÄRTNER