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Der Meister des Eso-GesäuselsOliver Shanti festgenommen

Eine Weile gingen CDs mit Oliver Shantis New-Age-Gesäusel weg wie warme Semmeln. Seit 2003 wurde er aber von den Behörden wegen Missbrauchs von Kindern in 100 Fällen gesucht.

Ulrich Schulz alias Oliver Shanti: Andere haben für ihn die Saiten gezupft. Bild: polizei bayern

Der Mann, der sich Oliver Shanti nennt, ist durch akustische Umweltverschmutzung bekannt geworden. Mit seinem süßlichen Ethno-Klangbrei stieg er einst zum Dieter Bohlen der Esoterik-Szene auf. In Portugal nahm ihn die Polizei nun wegen eines weit schwereren Verbrechens fest. Die Staatsanwaltschaft München wirft ihm den sexuellen Missbrauch von Kindern in über 100 Fällen vor. Die Vorwürfe reichen teils bis in die Achtzigerjahre zurück, als Shanti eine Landkommune im Bayerischen Wald leitete.

Erstaunen kann das nur, wer an das New-Age-Gesäusel von einer besseren Welt glaubt, die sich durch esoterisches Getue angeblich automatisch einstellt. Alle anderen können sich in ihrem Eindruck bestätigt fühlen, dass sich hinter der Maske des Pseudo-Gurus oft nur eine besondere Form der Gewissenlosigkeit verbirgt. Oliver Shanti, der im wahren Leben auf den Namen Ulrich Schulz hört, bietet dafür ein besonders perfides Beispiel.

Mit zahllosen CD-Alben, die bedeutungsschwangere Titel wie "Tai Chi", "Well Balanced" oder "Alhambra" trugen, aber doch immer nur den gleichen New-Age-Quark breittraten, machte Shanti ein Vermögen. Eine Weile lang türmten sich seine CDs, deren Cover meist nur ein "Oliver Shanti & Friends" sowie schreiend kitschige Esoterik-Motive schmückten, in Kaufhäusern und Drogeriemärkten, wo sie bis zu mehrere hunderttausend Male über die Theke gingen. Sein Gesicht aber blieb einer breiteren Öffentlichkeit verborgen. Ohnehin ist umstritten, inwiefern der Mann, dessen Namen die Produktionen zierte, an den Aufnahmen überhaupt beteiligt war. Stattdessen sorgten meist eine feste Gruppe namenloser Gastmusiker für den Sound, den sie wahlweise mit chinesischen, indianischen oder orientalischen Elementen umkränzten. Doch da alle Rechte bei Oliver Shanti lagen, gingen die Musiker bei den Tantiemen leer aus.

Von seinen Erlösen kaufte er sich in Portugal ein Anwesen, auf dem er zeitweise eine sektenähnliche Gemeinschaft um sich geschart haben soll. Dem Ort Vila Nova de Cerveira spendierte er eine Hirsch-Skulptur sowie mehrere Feuerwehrfahrzeuge, wofür ihn der Bürgermeister als "geschätzten Mitbürger" bezeichnete. Dass in seinem Haus häufig Kinder ein und aus gingen, darüber sah man offenbar großzügig hinweg. Dabei wurde Ulrich Schulz alias Oliver Shanti schon seit 2003 von den deutschen Behörden gesucht und stand auf der BKA-Liste der meistgesuchten deutschen Verbrecher ganz oben. Jetzt wurde Schulz bei einem Besuch in der deutschen Botschaft in Lissabon erkannt und wird vermutlich bald nach Deutschland ausgeliefert.

DANIEL BAX

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11 Kommentare

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  • S
    stefanie

    mich erstaunt die diskussion um die musik wo es doch vor allem um einen sehr schwerwiegenden vorwurf geht. da scheinen sich mir gerade die prioritäten etwas zu verschieben.

     

    ich selber habe früher dann und wann musik von ihm gehört, boykottiere ihn aber schon seit einiger zeit. denn musik für harmonie und frieden zu machen, und dann kinder zu mißbrauchen....

    naja, kanns nicht doch sein das man seine musik da als verlogenes gesäusel abtun muß???

  • M
    Megg

    Hallo! Ich schliesse mich weitgehend den vorherigen Kommentaren an. Ja - man kann nicht eine ganze Musikrichtung mal eben niedermachen, weil sie vermutlich dem persönlichen Geschmack des Schreibers nicht entspricht.

    Der schadenfrohe Unterton dieses Artikels muss auch nicht sein. Für uns, die wir "Oliver Shanti" mochten, war es schlimm genug zu erfahren, dass sich dahinter ein unappetitlich fetter Kerl namens Ulrich Schulz verbirgt.

    Ich habe einige dieser CDs, kann sie aber leider nicht mehr hören, da sie einen üblen Beiton bekommen haben. Ob die Musiker mir leid tun sollten, weiss ich nicht, es ist schwer nachzuvollziehen, wer an dieser Musik beteiligt ist.

    Da diese CDs eine Menge Geld gekostet hatten, fiel es mir schwer, sie einfach wegzuwerfen. Also rief ich im August in München Stadelheim an, um zu fragen, ob Herr Schulz dort ist und ob ich die CDs an ihn schicken kann. Ich bekam die Auskunft, Herr Schulz sei dort, aber ich sollte das Porto lieber sparen, weil er die CDs eh nicht bekommt. Und ausserdem, sagte der Mann am Telefon, würde das Herrn Schulz eh nicht interessieren.

    Schade, die Vorstellung, wie tonnenweise CDs von enttäuschten ehemaligen Hörern in seine Zelle gekippt werden, hätt mir gut gefallen...

  • M
    Moni

    Diese Musik als Gesäusel zu bezeichnen, finde ich schlicht als GESCHMACKLOS.

    Ob Shanti die Musik selbst geschrieben hat, weiß ich nicht; einige Weisen sollen Volkslieder sein.

    Ich weiß auch nicht, ob er lediglich der "Geldgeber" war.

    Aber Verbrechen/ Krankheit und Musik sind zwei Paar Stiefel...

    • @Moni:

      Diese Leute die traditionelle indianische und asiatische Musik als Gesäusel bezeichnen hören sich wahrscheinlich 1 2 Polizei und Fred komm ins Bett an. Diese Leute kannste getrost vergessen.

  • G
    Gina

    Hallo Leute ich bin ein großer Fan von Oliver Shantis Musik und bin gleichzeitig der Meinug das er Unschuldig ist das fühle ich einfach meine Gefühle haben mich noch nie angelogen.

    Bitte stellt ihn jetzt nicht einfach aufs Abstellgleis mir zuliebe er ist Unschuldig.

    lg. Gina

  • S
    Sabine

    Wenn man den Artikel des taz-Autors auf sich wirken lässt, stellt sich die Frage: Dürfen Praktikanten schon Artikel in dieser Länge verfassen?!?

    Journalisten würden ein solch brisantes Thema etwas kompetenter angehen und sich nicht über nur über die Musik äußern.

    Geschmack- und Niveaulos ohne Ende!

  • K
    kara

    endlich mal ein wirklich guter Artikel in der taz.

    dass das hier bei manchen lesern eines esoterik und der glaube an den sich allein dadurch einstellende weltfrieden vernebelten gehirns, sauer aufstößt, ist für mich glatte genugtuung. tja, das "neue zeitalter" kommt für shanti glücklicherweise im knast.

  • M
    mariam

    Solche unqualifizierten Kommentare kann ich in jeder Kneipe hören. Qualifiziert wäre doch eine echte Auseinandersetzung mit der offensichtlichen Schizophrenie gewesen in der Herr Schulz versunken war. Wie kann so etwas passieren. Aber einfach nur abkotzen über eine Musikrichtung in diesem Zusammenhang ist ehrlich keine Werbung für die TAZ.

  • P
    Peter

    Über Geschmack kann man sich ja streiten. Ich habe alle CDs von Oliver Shanti. Und ich höre sie mir auch in gewissen Abständen immer mal wieder an. Ich gebe zu, die Stimmung, um solche Musik zu hören muss stimmen.

    Mich erstaunt es schon sehr, wie sich ein taz-Autor so äußern kann. Das hat nichts mit journalistischer Freiheit zu tun. Aber in unserer schnelllebigen und geldorientierten Gesellschaft, verliert man schnell den Bezug zur Romantik, zu den Gefühlen – und zu solch besinnlicher Musik.

     

    (PS: Ich bin Atheist und auch kein Esoteriker – ich mag eben gefühlvolle Musik!)

  • B
    Bruno

    Verdammen Sie nicht die Musik, nur weil Sie etwas gegen Shanti haben (akzeptiere die Taten von Shanti auch nicht) oder ein persönliches Problem haben bez. "New-Age-Gesäusel". Sind Sie auch Gegner des Hip-Hop in dem von Mord und Totschlag "gesungen" wird? Bleiben Sie einfach auf dem Teppich und schalten Sie ihr Hirn ein!

  • CO
    Chantal Oliver

    Man muss Musik nicht immer in seine Einzelteile wissenschaftlich zerpflücken, um für gut befunden zu werden.

    Manchmal reicht der Klang aus, um z.B. Entspannung, Abschalten oder einen Flush zu erzielen.

    Wenn ein taz-Autor solche Musik als Gesäusel abtut, hat er von gefühlvoller Musik keine Ahnung - und sollte einfach darüber nicht schreiben. Ob der gesuchte Kinderschänder die Musik selbst eingespielt oder nur das Geld dazu gegeben hat - hat auf die Qualität der Musiktitel keinen Einfluss.