: Der Mann am ersten Synthesizer
BOMBAST Pond machte elektronische Musik in der DDR. Nach 1989 geriet die Band in Vergessenheit. Gründer Wolfgang „Paule“ Fuchs tut einiges, damit sich das ändert – sogar Gemälde von Willi Sitte vertonen
VON ANDREAS HARTMANN
Pond. Kennt diese Band auch jemand, der nicht in der DDR sozialisiert wurde? Als Wessi sind einem die Puhdys ein Begriff, und man hat von Ostrockbands wie Karat, Silly, City und vielleicht noch der Stern-Combo Meissen gehört. Aber Pond? Die Band wurde von der Ostalgiewelle bis heute nur recht sanft umspült. Sie machte elektronische Musik, die sich an Jean-Michel Jarre und Klaus Schulze orientierte – und das in den Achtzigern, als im Westen esoterisch anmutendes Synthiegedudel längst schon wieder durch war. „Weißt du noch?“-Hits wie „Geh‘ zu ihr“ der Puhdys hatten Pond auch nicht zu bieten, zu Moog-Geblubber hat sich wohl auch in der DDR niemand den ersten Kuss gegeben oder die ewige Liebe versprochen.
Dabei haben sich die beiden von Pond auf dem DDR-Staatslabel Amiga erschienenen Platten „Planetenwind“ und „Auf der Seidenstraße“ im Osten hundertausendfach verkauft. Pond waren bei den Ossis richtig groß in den Achtzigern, sie waren das Ostpendant zu Tangerine Dream, aber das scheint heute alles vergessen zu sein. Ende der Achtziger nahmen Pond ihre dritte Platte in der DDR auf, „Maschinenmensch“ hieß sie. Doch die Wende kam, die DDR verschwand, und auch „Maschinenmensch“ ging in den Wendewirren unter.
Wolfgang „Paule“ Fuchs, nach diversen Besetzungswechseln inzwischen alleiniger Kopf von Pond, hat niedergeschrieben, wie es ihm damals erging, in seinem „Pond-Buch“ über „Werdegang, Geschichten und Alltag eines Rockmusikers in der Ex-DDR“. In der DDR hatte er eine Karriere. Er sah ein wenig aus wie Paul McCartney damals, was als Popmusiker auch in der DDR nicht das Schlechteste war und was ihm zu seinem Spitznamen verhalf. In den Siebzigern war er Schlagzeuger bei der Hardrockband Babylon. Im Anschluss eiferte er, nun schon als Pond, Vangelis und ähnlichen Bombastsynthie-Acts nach, die Synthesizer waren auf abenteuerliche Weise in die DDR importiert.
Fuchs hatte ein regelmäßiges Einkommen als staatlich geprüfter Musiker, war so etwas wie ein Rockstar in seinem Land, doch mehr oder weniger von einem Tag auf den nächsten war es mit allem vorbei. Fuchs findet in seiner Autobiographie klare Worte für seine Situation damals: „In der DDR hatte Pond einen Namen. In Westberlin kannte uns kein Schwein.“
Dass es Pond heute immer noch gibt, dass Wolfgang „Paule“ Fuchs sich immer noch fast täglich in sein Kellerstudio in seinem Haus in der Berliner Vorstadt verdrückt, um Musik zu produzieren, das liegt an seinem immensen Überlebenswillen als Künstler; „Wenn ich eines gelernt habe, dann niemals aufzugeben!“, schreibt er in seinem „Pond-Buch“. Trotz aller Rückschläge hat er einfach immer weitergemacht, und wenn es sein musste, genau die Art von Schrott produziert, die im Kapitalismus wenigstens Geld brachte. Im wiedervereinigten Deutschland explodierte nach dem Mauerfall Techno, und in der Zeit, in der selbst Vader Abraham und die Schlümpfe zu Kirmestechno sangen, versuchte auch Fuchs, mit ein paar Billigbeats den großen Reibach zu machen. Auf der CD „Pond: Soundtracks“ kann man nachhören, in welche Abgründe er sich damals begab. „Spiel mir das Lied vom Tod“ versenkte er beispielsweise in einem „Techno Mix“, außerdem schrieb er für Henry Maske eine „Techno Dance Hymne“, die dann aber doch nie zum Einsatz kam, ganz im Gegensatz zu seiner „Haribo-Hymne“. Außerdem nahm Fuchs eine Platte mit „Weihnachtsliedern im elektronischen Soundgewand“ auf und eine mit „Kinderliedern im Technogewand.“
Inzwischen kümmert sich Fuchs, dessen Wohnzimmer mit barocken Möbeln vollgestellt ist – was auch etwas über seine Vorliebe für ausladende Sounds aussagt – lieber wieder um sein musikalisches Erbe aus DDR-Zeiten. Alle seine Platten vertreibt er selbst auf seinem eigenen Label, und musikalisch knüpft er an seine alten Vorlieben an, an den Bombastrock von Emerson, Lake & Palmer beispielsweise. Wie die englische Band hat er Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ neu vertont und das Prinzip der Vertonung von Kunst jüngst auf Arbeiten des ehemaligen Großkünstlers der DDR, Willi Sitte, angewandt. Ganz unterschiedliche Werke dieses Vertreters des „Sozialistischen Realismus“ wurden von Pond als Technorockklassikmischmasch interpretiert, „Gemälde einer Vernissage“ nennt sich das Ergebnis auf CD. Der Künstler selbst soll von den Klangversionen seiner Bilder ganz angetan sein. Live präsentiert Fuchs seine Bearbeitungen bildender Kunst regelmäßig als pompöse Multimedia-Shows.
Auch eine Entdeckung von Pond im Westen könnte anstehen. Vor kurzem hat das hippe Münchner Label Permanent Vacation eine Compilation mit elektronischer Musik aus der DDR der Achtziger Jahre unter dem Titel „Mandarinenträume“ herausgebracht. Gleich drei Stücke von Pond sind hier vertreten. Die alte Musik von Pond läuft jetzt als „Cosmic aus der DDR“. Fuchs ist das nur recht. Hauptsache ist, es geht immer weiter.
Pond: Bilder einer Ausstellung/Gemälde einer Vernissage – Schloss Börnicke bei Bernau, 21. August ab 21 Uhr