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Der Keks des Monats

■ Bayerns 1:1 gegen Frankfurt entfacht erneut philosophischen Richtungsstreit

München (taz) – Zuerst hat Jürgen Klinsmann noch gelächelt. Macht man so beim „Tor des Monats“. Zum Zwecke der Ehrung hatten fleißige Leute eilig ein überdimensionales ARD-Logo hinter ihm aufgebaut und ihn mit einem Funkgerätknopf im Ohr verkabelt. Klinsmann schien das ein wenig peinlich zu sein, weil er unentwegt auf einen Monitor starren und ins Nichts sprechen mußte. Eine Situation wie in einer Beckett-Inszenierung. Aber Fußballer Klinsmann ist ein guter Schauspieler, freundlich für den Mann von der „Sportschau“ und freudig mit der Medaille in der Hand.

Später aber äußerte er sich dann doch noch zur Großwetterlage seines Herzens nach dem dürftigen 1:1 (0:1) gegen Eintracht Frankfurt: „Mittlerweile geht's mir völlig auf den Keks“, sagte er da – und lächelte gar nicht mehr. Irgendwie kann man den Mann verstehen. Neunzig Minuten gerackert hat er wie gewohnt und wieder ist das Spiel nahezu gänzlich an ihm vorbeigelaufen. Wie so oft wirkte der FC Bayern wie eine Zufallsgemeinschaft. „Jeder hat hier seine eigene Philosophie“, sagte Klinsmann und meinte die individuellen Erklärungsansätze für die lahme Kickerei.

Die Eintracht ist ein Abstiegskandidat und hat auch so gespielt. Trotzdem ging sie durch Matthias Hagner (29.) in Führung. Und hätte Mehmet Scholl nicht einen Freistoß elegant eingenetzt (47.), es wäre noch peinlicher geworden für den FC Bayern. „Wir lernen nicht aus unseren Fehlern“, jammerte Klinsmann und meinte das vorausgegangene 1:1 gegen St. Pauli vor eineinhalb Wochen: „So etwas darf einer Mannschaft wie dem FC Bayern nicht passieren.“

Das fand Franz Beckenbauer schon bei Halbzeit, als der gottgleiche Präsident sagte, daß die Mannschaft schon alle Heimspiele gewinnen müsse. „Sonst“, sagte Beckenbauer, „sind wir es nicht wert, Meister zu werden.“ Uuups! Der Chef grollt wieder: Würden wir sie lesen, wir wären gespannt auf die heutige Bild-Kolumne.

Womöglich wird Trainer Otto Rehhagel im Laufe der Woche den Ernst der Lage begreifen, immerhin ist Dortmund, einen Heimsieg im Nachholspiel gegen Leverkusen vorausgesetzt, auf zwei Punkte enteilt. Einstweilen aber tendiert Rehhagel dazu, seine Kicker für die gewonnene zweite Halbzeit zu loben. Markus Götting

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