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Archiv-Artikel

Wiederaufnahme Der Kaufmann von Venedig

Aktualität hin oder her – dieser „Kaufmann von Venedig“ in der Inszenierung von David Mouchtar-Samorai fesselt von Anfang an. In einem höchst effizienten, raffiniert schlichten Bühnenbild in Gelb und Schwarz sind es vor allem die hervorragenden Schauspieler, die den Shakespeare-Klassiker zum Leben erwecken, und unter denen vor allem Sebastian Dominik, der den Shylock grandios verkörpert, diesen vordergründig ja nicht eben sympathischen, rachelüsternen Charakter in seinem lodernden Hass plausibel macht. Der Geldverleiher, als Jude ausgegrenzt, bespuckt, angepöbelt, erniedrigt, der mit Hilfe des Rechts seine Rache nehmen will, muss erleben, wie sich das Recht gegen ihn wendet. Die Gerichtsszene gehört zu den intensivsten Momenten der Aufführung. Die übrigen Schauspieler verteilen sich im Zuschauerraum, hetzen und zetern gegen Shylock, erzählen Judenwitze, die Pogromstimmung scheint mit den Händen zu greifen. Das ist enorm beklemmend. Bei der Premiere waren die Meinungen dann auch vor allem zu dieser Szene geteilt – ein Besucher verließ sogar lautstark protestierend den Saal. Am Ende verliert Shylock alles – sein Vermögen, seine Tochter, ja sogar seinen Glauben, denn er wird dazu verurteilt, zum Christentum zu konvertieren, während der Kaufmann und seine Freunde in bornierter Schadenfreude ihren Sieg feiern. Man darf gespannt auf die Inszenierung der Shakespeare Company im nächsten Jahr sein.

Andreas Schnell

Dienstag, 20 Uhr, Schauspielhaus