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„Der Kampf um die Bezirke wird härter“

■ Elisabeth Ziemer, baupolitische Sprecherin der grünen Fraktion, möchte in Schöneberg Bürgermeisterin werden: Mehr Druck aus den Bezirken gegen die Politik des Senats

taz: Sie gelten im Abgeordnetenhaus als profilierte Baupolitikerin. Dennoch zieht es Sie nun in Schöneberg auf den Sessel der Bezirksbürgermeisterin. Wollen Sie sich vom parlamentarischen Dasein erholen?

Elisabeth Ziemer: Zunächst ist es noch unklar, ob die Schöneberger Grünen den Bürgermeisterposten überhaupt bekommen. Auch über Personen ist noch nicht geredet worden. Aber dieses Amt wäre für mich ein Tätigkeitsfeld, das mich sehr interessieren würde.

Es ist also kein Ruhesitz?

Nein. Überhaupt nicht. Denn anders als in den vergangenen Jahre finde ich, daß das Amt des Bürgermeisters eine ganz neue politische Perspektive bekommen hat. Wenn die Länderfusion durch die Volksabstimmung bestätigt wird, haben wir vielleicht schon in vier Jahren Berlin-Brandenburg, und dann wird natürlich die Stadtregierung an Bedeutung verlieren. Der Senat wird versuchen, die Kompetenzen, die er an die Bezirke abgegeben hat, wieder an sich zu reißen. Deshalb wird in den nächsten vier Jahren der Kampf um die politische Bedeutung der Bezirke härter geführt werden.

Welchen politischen Spielraum hat denn eine Bezirksbürgermeisterin?

Mit der Verwaltungsreform und der Verkleinerung der Bezirksämter wird das Amt deutlich aufgewertet. Das alte Bild des mit Blumen überladenen Bürgermeisters, der in Altersheimen aufkreuzt, stimmt dann nicht mehr. Es muß versucht werden, mit der Verwaltungsreform soweit voranzukomen, daß eine effiziente, sich selbst optimierende und vor allem bürgernahe Verwaltung entsteht.

In Westberlin wird es womöglich drei grüne, im Ostteil sechs PDS-Bürgermeister geben. Ist das für sie auch ein Anzeichen dafür, daß eine Oppositionspolitik gegen eine erneute Große Koalition viel stärker als bisher aus den Bezirken geführt werden kann?

Das ist nicht nur zu hoffen, das müssen wir entwickeln. Denn der Rat der Bürgermeister, in dem sich die Bezirke politisch äußern, hat in der Vergangenheit eine völlig untergeordnete Rolle gespielt. Und falls dort einmal – wie im Falle des Entwicklungsgebiets Alter Schlachthof – Entscheidungen gegen den Senat gefällt wurden, hat das Abgeordnetenhaus in letzter Instanz wieder gegen die Bezirke entschieden. Wäre man in dieser Situation als Rat der Bürgermeister an die Öffentlichkeit gegangen, hätte man sehr viel stärker politischen Druck ausüben können. Mit einer anderen politischen Zusammensetzung kann man in diesem Gremium ganz anders mit den Vorhaben des Senats umgehen.

Hätten Sie Berührungsängste mit PDS-Bürgermeistern?

Überhaupt nicht. Auch diese müssen die Interessen ihrer Bezirke vertreten, und die sind ja oft auch gleichlautend.

Was haben Sie sich als mögliche Bürgermeisterin für Schöneberg vorgenommen?

Die Probleme in Schöneberg sind sehr vielschichtig. Ich will mich vor allem gegen eine Verdrängung der dortigen Bevölkerung stark machen. Gerade im Norden gibt es durch die Nähe zum Potsdamer Platz Handlungsbedarf. Aber auch die Verkehrspolitik wird eine große Rolle spielen.

Wer würde Sie, wenn Sie nach Schöneberg wechseln, als baupolitische Sprecherin der Abgeordnetenhausfraktion vertreten?

Als ich 1992 schon einmal mit dem Gedanken spielte, ins Schöneberger Bezirksamt zu wechseln, hat meine Fraktion mich gebeten, davon Abstand zu nehmen. In der neuen Fraktion gibt es nun aber genügend Leute, die grüne Stadtentwicklungs- und Baupolitik vertreten können. Interview: Uwe Rada

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