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Der Hund bellt

■ Was Opa und Oma Schröder mit Radio Bremens„Dieter & Hendrike“ erlebten

Vollmond. Dick liegt der Nebel über den nächtlichen Moorweiden von Hambergen, und die Kühe von Bauer Schweeke muhen gelegentlich in Richtung Oldenbüttel. Denn dort ist ihr Stall. Oma Schröder kocht spät noch Birnen ein. „Wenn man sie zulange liegen läßt, werden sie mehlig“, sagt sie. Opa Schröder erzählt, er hat heute den Gartenschlauch zusammengerollt und in den Schuppen gehängt. Bis nächstes Frühjahr. Zur gleichen Zeit bellt ein Hund im Fernsehen, wenn der Name von Helmut Kohl fällt. Das ist ein gelungener Scherz. Hunde sind gelehrig. Hunde, die bei der Namens- nennung von Helmut Kohl bellen, geben Anlaß zur Heiterkeit. Zwei junge Komiker machen eine neue, lustige Sendung. Sie tun so, als merktn sie nicht, daß schon etwas mit ihnen gesendet wird und sind überrascht. Die Komikerin sieht Rita Süßmuth ähnlich und wird mit ihr verwechselt. Ulrich Wickert spricht aus dem „Tagesthemen“- Studio freundlich lächelnd gute Wünsche aus. Roberto Blanco tänzelt über eine Bühne und singt: „Ein bißchen Spaß muß sein“. Der Komiker glaubt, daß sich die Komikerin in ihn verwandelt hat. Deshalb klopft er Roberto Blanco auf den Popo. Lachsalven entfahren dem Fernsehgerät. Es wird ein Witz gemacht über Frauen, Autofahren und Einparken. Und es geht um 400.000 Mark. Aber man erfährt nicht genau, was es damit auf sich hat. Deshalb kann man auch nicht drüber lachen. Jo Brauner und Atze Brauner haben Humor. Sie machen bei Scherzen mit und zeigen sich nicht verdrießlich. Opa Schröder fragt Oma Schröder, warum sie sich immer noch die Mühe macht mit dem Birneneinkochen. Oma Schröder sagt, man könne sich Birnen auch beim Frostauto kaufen. Aber das sei ja alles nur Atom und Chemie. Draußen im Garten erzittern die Laternenblumen. Ein Igel ist unterwegs und frißt sich an Schnecken fett. Igel haben jetzt

nichts zu lachen. Sie müssen sich auf einen langen Schlaf vorbereiten. Das deutsche Fernsehen aber wird immer lustiger. Gerade will der Komiker Henry Maske herausfordern. Aber es kommt leider nicht zum Kampf. Anscheinend wird der Komiker irgendwo rausgeschmissen. Aber dann ist er wieder in lustiger Boxerkleidung auf der Bühne und macht Witze. Die junge Frau hilft ihm dabei, noch mehr Witze zu machen. Sie gehen auf einen Filmball und machen mit den berühmten Leuten witzige Sachen. Weil sie auch berühmt werden wollen. Oder so ähnlich. Die berühmten Leute wissen aber nicht, daß das nur ein Spaß ist. Sie lachen nicht, sondern sind ganz normal. Wenn man berühmt ist, werden oft Späße mit einem getrieben. Opa Schröder meint, man müsse wohl in diesem Jahr die Dahlien ziemlich früh aus- graben. Er glaubt, daß es bald Frost gibt. Oma Schröder sagt, früher hätten sie beim Obsteinkochen immer gesungen. Aber heute läuft nur der Fernseher. Im Fernsehen wird wieder gelacht. Das Publikum der witzigen Sendung lacht, weil der Komiker irgendwie Werbung für etwas machen will, aber es klappt nicht. Jedenfalls meistens. Plötzlich ist auch Roberto Blanco wieder da und macht etwas Lustiges. Jo Brauner und Jan Hofer kommen auch wieder auf die Bühne und stellen sich für einen Schabernack zur Verfügung. Der Hund des Komikers war während der Sendung sehr brav. Er ist umhergelaufen und hat am Fußboden geschnüffelt. Opa Schröder schält sich eine Birne, schneidet sie in Viertel und ißt sie auf. „Wie Honig“, sagt er. „Aber die Körner von der Birne setzen sich immer unter die Prothese.“ Deshalb zieht er beim Birnenessen immer das Gebiß aus. Ulrich Wickert Ist wieder im Fernsehen. Diesmal ist er nicht lustig, sondern sehr ernst. Er berichtet über Sarajewo. Im Fernsehen wird nicht mehr gelacht. Jetzt ist es wie immer. Vollmond. Über den Hammewiesen wird der Nebel immer dicker. Jetzt kann man schon die Kühe von Bauer Schweeke nicht mehr sehen. Man hört sie nur noch ab und zu schnaufen. Opa Schröder geht noch einmal vor die Tür. Drübern bei Siedler Knapp bellt der Hund. „Sü“, sagt Opa Schröder in die Küche, „den Jiffel hebbt so wohl ok wat von Helmut Kohl vertellt.“

Lutz Wetzel

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