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Der Giftgasskandal weitet sich aus

■ Ermittlungen gestalten sich schwierig / Unterstützte die Export-Union den Atombombenbau?

Frankfurt (dpa) - In der Giftgasaffäre, bei der bundesdeutsche Chemiefirmen im Verdacht stehen, Anlagenteile für die Giftgasproduktion an den Irak geliefert zu haben, sind die Ermittlungen offenbar noch nicht weiter gekommen. Die Festnahme von sechs Mitarbeitern bei Firmen in Hamburg, Hannover und Dreieich bei Frankfurt habe noch keine neuen Erkenntnisse gebracht, da sich die Festgenommenen in Schweigen hüllten oder Vorwürfe abstritten. Gegen fünf von ihnen wurde Haftbefehl erlassen, ein Verdächtiger erhält aus gesundheitlichen Gründen vorerst Haftverschonung, berichtete der Darmstädter Oberstaatsanwalt Georg Nauth am Montag.

Die Verdächtigen sind bei den Firmen Preussag in Hannover, W.E.T. in Hamburg und der inzwischen liquidierten Firma Pilot Plant in Dreieich (Kreis Offenbach) beschäftigt. Sie stehen nach wie vor im „dringenden Verdacht“, so betonte der Staatsanwalt, Anlagenteile für eine Chemiewaffenfabrik im irakischen Asmara geliefert und damit gegen das Außenwirtschaftsgesez verstoßen zu haben.

Die Darmstädter Staatsanwaltschaft sieht ihren Verdacht durch ein Gutachten des Schweizer Chemikers Werner Richarz bestätigt. Dieser habe herausgefunden, daß die Chemiefabrik in Asmara „charakteristische Konstruktionsmerkmale für die Herstellung und Abfüllung der chemischen Kampfstoffe Lost und Tabun“ aufweise. Insbesondere die Stutzen der Abfüllanlage hätten exakt den Durchmesser, um damit Giftgasgranaten mit der tödlichen Chemikalie zu füllen.

Inzwischen hat auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigt, daß ein Ermittlungsverfahren gegen die Firma Export-Union GmbH eingeleitet wurde. Neue Erkenntnisse hätten ergeben, daß die Firma Spezialbleche an den Irak geliefert hätte, die zur Herstellung von Gaszentrifugen für die Urananreicherung gebraucht werden. Diese wiederum ist Voraussetzung für den Bau der Atombombe.

Im Zusammenhang zu den Ermittlungen hat nun die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) der Bundesregierung und der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, jahrelang die Tatsache verschleiert zu haben, daß deutsche Firmen, besonders die Firmen Kolb und Pilot Plant, die Giftgasproduktion im Irak ermöglicht hätten.

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